Nachhaltige Ernährung: Wie kann ich mich als Verbraucher nachhaltig ernähren?

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Larinia-Marei Breuer, Stephan Funk, Wiebke Lüders, Ann-Kristin Nowatzyk, Klaas Opitz, Tobias Pape, Luzia Schleip, Marie Kristin Seitz, Sibel Ünlü & Luca Weineck

cc-by-sa| 03-2016

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Ein nachhaltiger Umgang mit der Erde und den zur Verfügung stehenden Ressourcen ist besonders heutzutage von großer Relevanz. Nachhaltige Ernährung ist hierbei ein wichtiger Aspekt, der jeden Menschen betrifft und eine alltägliche Möglichkeit bietet, die globale Situation zu verbessern. Da die Thematik in fast jedem Lebensbereich von großer Bedeutung ist, liefert eine transdisziplinäre Betrachtungsweise einen starken Mehrwert. Aus wirtschaftlicher Sicht wird über Herausausforderungen, die eine nachhaltige Ernährung birgt, aufgeklärt und als Beispiel die Ressource „Wasser“ hinzugezogen. Die Problematik einer starken Machtkonzentration einiger Lebensmittelkonzerne wird aufgezeigt und es wird über verschiedene Gütesiegel der Lebensmittelindustrie informiert. Es werden psychologische Erklärungsansätze, wie zum Beispiel situative Determinanten, die Theorie der Werte, Normen und Ansichten (Stern, 2000) sowie die Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) als Erklärungsversuch zur Entstehung nachhaltiger Verhaltensweisen her-angezogen und Implikationen für die Praxis hergeleitet, um nachhaltige Verhaltensweisen zu fördern. Da Nachhaltigkeit eine zentrale Aufgabe der Bildung ist, werden bestehende umwelt- und entwicklungsorientierte Methoden und Erziehungskonzepte erklärt, um Handlungsmöglichkeiten und Kompetenzen zu konkretisieren, die zu nachhaltigen Verhaltensweisen führen können.

Schlüsselwörter

Nachhaltigkeit; Ernährung; Transdisziplinarität

1 Einleitung

Gemäß aktuellen Projektionen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 rund neun Milliarden Menschen auf der Erde leben (Stiftung Weltbevölkerung, 2013). Dies sind etwa 2,4 Milliarden Menschen mehr als derzeit. All diese Menschen haben ein Recht auf Versorgung mit Wasser, Nahrung, Energie und Rohstoffen. Wie aber kann eine ausreichende Versorgung einer zunehmend wachsenden Weltbevölkerung gegeben sein und gleichzeitig Lebensgrundlagen und Ressourcen dauerhaft bewahrt werden? Dieser Problematik müssen wir uns weltweit annehmen – und zwar je eher, desto besser. Das Konzept der Nachhaltigkeit gewinnt in diesem Zusammenhang mehr und mehr an Bedeutung. Aber was bedeutet denn nun genau der Begriff „Nachhaltigkeit“? Allein die Tatsache, dass sich unzählige Begriffsdefinitionen in der Literatur finden lassen, verdeutlicht, dass das Thema Nachhaltigkeit in fast allen Forschungsgebieten von großer Relevanz ist und eine monodisziplinäre Betrachtung dessen nicht gerecht werden würde. Eine der gängisten Begriffsdefinitionen ist die des Brundtland-Berichtes der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1987. Dort heißt es: „Humanity has the ability to make development sustainable - to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs" (Hardtke & Prehn, 2001). Nachhaltigkeit bedeutet demnach, dass den Bedürfnissen der derzeitigen Generation nachgegangen werden soll, ohne dass darauffolgende Generationen in ihrer Bedürfnisbefriedigung schlechter gestellt sind. Dieser Ansatz wurde von der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages weiter verfolgt. Ein Ergebnis bestand in der Entwicklung eines Drei-Säulen-Modells der Nachhaltigkeit (Spindler, 1997). Demzufolge setzt sich der Begriff der Nachhaltigkeit aus den drei Komponenten einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit zusammen. Insgesamt zeigt sich aber, dass der Begriff der Nachhaltigkeit in fast allen Lebensbereichen von essenzieller Bedeutung ist, wenn wir möchten, dass die Menschheit auch in Zukunft auf der Erde überleben kann. Die Problematik des Klimawandels oder Zahlen wie die Statistik der Weltbevölkerung von den Vereinten Nationen sollten eigentlich ausreichen, um eine/n Jede/n zu nachhaltigen Verhaltensweisen zu bewegen. Denn jede/r Einzelne kann zu einer nachhaltigeren Welt beitragen. Mit diesem Paper möchten wir einen Beitrag liefern, um über das Thema "Nachhaltigkeit" aufzuklären, Probleme zu schildern und vor allem Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, um ein Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten zu schaffen und dieses in den Alltag zu integrieren. Da das Konzept der Nachhaltigkeit in fast jedem Lebensbereich eine wichtige Rolle spielt, wird das Thema in diesem Pa-per aus einem interdisziplinären Blickwinkel betrachtet. Dabei möchten wir vor allem die Bereiche der Wirtschaft, Geographie, Erziehungswissenschaft und der Psychologie integrieren, um ein umfangreiches Bild zu den Herausforderungen von nachhaltiger Ernährung zu liefern. Vor allem aber ist Ziel unseres Papers, dem/der VerbraucherIn Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und ein Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten zu schaffen. Es liegt in der Macht jeder/jedes Einzelnen, zu einer Verbesserung der Situation beizutragen und kommenden Generationen die Lebensgrundlagen zu erhalten. Langfristig orientiertes Denken und Handeln sollte Ziel jeder/jedes Einzelnen sein, sodass ein Fließgleichgewicht der natürlichen Ressourcen gegeben ist.

2 Herausforderungen einer nachhaltigen Ernährung

2.1 Warum eigentlich nachhaltig ernähren?

In den letzten Jahren ist der Trend, nachhaltig zu leben, immer mehr gewachsen. In der Politik und den Medien wird in diesem Zusammenhang vor allem der Klimawandel immer wieder thematisiert. Beispielsweise befasst sich die diesjährige Novemberausgabe (2015) der National Geographic „Wie geht’s der Erde wirklich? – Eine Bestandsaufnahme“ mit den Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung und der Energiewende in Deutschland. Auch viele VerbraucherInnen machen sich inzwischen vermehrt Gedanken darüber, welche Auswirkungen das eigene Konsumverhalten auf unser Ökosystem und andere Menschen haben kann. Besonders auffallend ist im Bereich der Ernährung das wach-sende Angebot von Bio- und Fairtrade-Produkten. Aber was für Konsequenzen hat unser derzeitiges Verhalten überhaupt und wie kann eine nachhaltige Ernährung der EndkonsumentInnen überhaupt zur Verbesserung der globalen Situation beitragen? Wie in der Einleitung schon angemerkt, handelt sich bei der nachhaltigen Entwicklung um zukünftige wie auch gegenwärtige Perspektiven. Allerdings befinden wir uns derzeit weder in einer Gegenwart, die den Bedürfnissen aller Menschen gerecht wird noch entwickeln wir uns in eine Richtung, die diesen Ansprüchen näherkommt. Ressourcen und Ernährung spielen dabei eine tragende Rolle: Weltweit leidet jeder sechste Mensch unter Hunger, was allerdings nicht am Rückgang der Nahrungsmittelproduktion liegt. 2008 wurde mit 2,3 Milliarden Tonnen Getreide sogar mehr geerntet als noch im Jahr davor. Davon gingen allerdings alleine 40 Prozent in die Industrieländer, deren „[…] Lebens- und Konsumgewohnheiten […] weder nachhaltig noch fair oder gesund sind“ (Unmüßig & Milke, 2011, S. 9). In Deutschland werden pro Jahr knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel von Industrie, Handel und Privathaushalten weggeworfen (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft [BMEL], 2012). Der World Wide Fund For Nature (WWF) brachte 2015 eine Studie heraus, in der er berechnete, dass für 10 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 2,6 Millio-nen Hektar bewirtschaftet wird, was der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland zusammengenommen entspricht. Angesichts des Rückgangs fruchtbarer Agrarflächen durch den Klimawandel und den Anbau von Monokulturen können wir uns eine solche Misswirtschaft bei einer wachsenden Weltbevölkerung wohl nicht leisten. Durch veränderte Konsumgewohnheiten, nachhaltigere Marketingstrategien und verbessertes Management könnte eine solche Nahrungsmittelverschwendung vermieden werden (World Wide Fund for Nature [WWF], 2015a). Unser Konsumverhalten im Zusammenhang mit dem derzeitigen industriellen Agrarsystem ist nicht zukunftsfähig. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Arbeitsbedingungen für die Menschen, die in der Lebensmittelproduktion arbeiten. Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion in so genannte Schwellen- und Entwicklungsländer, in denen die Menschenrechtsstandards sowie das Lohnniveau niedrig und die Regierungen meistens zu schwach oder nicht gewillt sind, gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und ungerechte Bedingungen im Handel mit Rohstoffen anzugehen (Meusburger, 2008). Ein Beispiel hierfür ist die Kaffeeproduktion. Kaffee ist nach Erdöl das zweitwichtigste Welthandelsgut und wird heute vorwiegend in Lateinamerika und Afrika angebaut. Für uns ist er ein Genussmittel. Für viele Menschen im wichtigsten Anbauland Brasilien bedeutet er hingegen die Finanzierung des Lebensunterhaltes durch die Arbeit auf Plantagen (Flakus, 2013). Neben einem niedrigen Tageslohn als PlantagenarbeiterIn, der mit 11,33 USD immerhin noch höher ist als der in Costa Rica (meistens unter 8,36 USD) und Mexiko (meistens unter 3,67 USD), stellt hier die Verwendung von Pestiziden eine große Gefahr dar. Die Chemikalien verursachen häufig Krankheiten bei den ArbeiterInnen. Durch kaum vorhandene Kranken- und Rentenversicherungen fehlt den Menschen häufig jegliche Art der Absicherung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben (Flakus, 2013). Organisationen wie "Fairtrade" versuchen beispielsweise, solchen Situationen entgegenzuwirken. Warum eigentlich nachhaltig ernähren? – Eine Annäherung am Beispiel Wasser Trinkwasser ist für den Menschen das wichtigste Lebensmittel und bildet die Grundlage für seine Existenz. Während der Mensch einige Wochen ohne feste Nahrung auskommen kann, überlebt er ohne Flüssigkeit keine drei Tage (Nast, 2010). Nach der Bundeszentrale für politische Bildung hat sich der weltweite Wasserverbrauch zwischen 1930 und 2000 um das Sechsfache erhöht. Hauptursache ist ein enormer Anstieg der Weltbevölkerung. Zu dem steigenden Wasserverbrauch verringert der fortlaufende Klimawandel die Süßwasservorräte der Erde (Bundeszentrale für politische Bildung, 2010). Die ungleiche Verteilung der Trinkwasservorkommen stellt ein weiteres Problem dar, denn dadurch haben nicht alle Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Selbst in den Regionen, wo eigentlich genügend Ressourcen vorhanden sind, sind diese der einfachen Bevölkerung nicht zugänglich, da die technischen Möglichkeiten fehlen. Nach Angaben von UNICEF haben über 400 Millionen Kinder keinen Zugang zu sauberem Wasser, was nicht nur der Hygiene, sondern auch der Gesundheit erheblich schadet. Aufgrund von Infektionserkrankungen durch verschmutztes Wasser sterben jedes Jahr mehr als 1,5 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag (UNICEF, 2006). Vor allem in den so genannten Entwicklungsländern fehlt das Geld, um eine einfache Trinkwasserversorgung zu errichten, so dass die Menschen aus verschmutzen Quellen trinken müssen. Besonders betroffen ist der afrikanische Kontinent sowie Ost- und Südasien (siehe Abbildung).

Nach Angaben der Vereinten Nationen wird die Nachfrage nach sauberem Trinkwasser in Zukunft erheblich ansteigen, da sich die Weltbevölkerung bis 2050 auf über neun Milliarden Menschen bemessen wird (Unesco, 2014). Diese Problematik wird sich nicht nur dadurch verschärfen, dass die weltweiten Grundwasservorkommen in den letzten Jahrzehnten bereits abgenommen haben, sondern auch dadurch, dass der Grundwasserverbrauch jedes Jahr um fast zwei Prozent zunimmt (Unesco, 2014). Schon im Jahr 2025 sollen zwei Drittel der Weltbevölkerung an Wasserknappheit leiden (Nast, 2010). Warum eigentlich nachhaltig ernähren? – Was kann der/die VerbraucherIn tun? Durch bewusst nachhaltige Ernährung ist es möglich, zur Verbesserung der globalen Situation beizutragen. Dabei liegt der Fokus auf der Umweltentlastung und der Schonung von Ressourcen. Allerdings kann das für die/den VerbraucherIn bedeuten, manche ihrer/seiner Gewohnheiten verändern zu müssen. Ein Aspekt dabei ist die Reduzierung des Fleischkonsums, was nicht bedeutet, vollkommen auf Fleisch verzichten zu müssen. Jedoch sind gerade „Tierische Produkte mit einem besonders hohen Ressourcenverbrauch verbunden“ (WWF, 2015b). Fast die Hälfte der weltweiten Agrarprodukte wird als Tierfutter verwendet, wodurch 70 Prozent der durch die Lebensmittelproduktion verursachten CO2-Emmissionen auf den Konsum von Fleisch zurückzuführen sind (WWF, 2015b). Zusätzlich benötigt die Viehfutterproduktion riesige Anbauflächen. Besonders fatal ist hierbei die Situation in den Ge-bieten der tropischen Regenwälder, welche hauptsächlich zugunsten der Tierhaltung vernichtet wer-den (Dienstleistungszentren Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz [DLR], 2013a). Darüber hinaus ist „[…] der Verbrauch an Wasser und Energie [bei der Fleischproduktion] zehn Mal so hoch wie für pflanzliche Kost“ (Dirschauer, 2013). Ein bewusster Umgang mit tierischen Produkten als Genussmittel erscheint aus dieser Perspektive sinnvoll. Viele Gründe sprechen außerdem dafür, regionale und saisonale Lebensmittel zu bevorzugen. Diese sind meistens nicht nur günstiger, sondern zudem häufig auch gesünder. Geerntete Ware weist den höchsten Gehalt an bestimmten Pflanzenstoffen und Vitaminen nur im optimalen Reifezustand auf. Dieser wird für einzelne Produkte allerdings nur zu bestimmten Jahreszeiten erreicht: „So hat z.B. ein im August geernteter Salatkopf einen drei- bis fünfmal höheren Gehalt an Flavonoiden als ein im April geernteter“ (DLR, 2013b). Als VerbraucherIn ist es meistens schwer nachzuvollziehen, woher die Produkte tatsächlich kommen und unter welchen Bedingungen für Mensch und Umwelt diese hergestellt wurden. Bei Lebensmitteln aus der Region können solche Fragen einfacher geklärt werden (DLR, 2013b). Zudem sind die Transportwege regionaler Lebensmittel wesentlich kürzer, wodurch Nährstoffverluste durch lange Lagerzeiten verringert werden und die Umwelt entlastet werden kann (DLR, 2013b). Wenn man sich nun nicht sicher ist, wann welche Produkte wachsen, helfen Saisonkalender im Internet. Ein Beispiel für einen solchen findet man unter folgendem Link: http://www.infofarm.de/datenbank/medien/327/saisonkalender.pdf

Die/der VerbraucherIn können bestimmen, welche Waren im Einzelhandel angeboten werden und welche nicht. Das Angebot an Bio- und Fairtrade-Produkten ist angestiegen, weil die Nachfrage nach diesen entsprechend zugenommen hat. Durch bewusstes Konsumieren können nachhaltige Produkte und fairer Handel unterstützt werden. Es liegt hierbei allerdings auch bei der/bei dem VerbraucherIn, sich der Bedeutung der nachhaltigen Ernährung bewusst zu werden. Bei der Entscheidung, welche Produkte nachhaltig sind und welche nicht, helfen zudem bestimmte Gütesiegel. Allerdings sind diese nicht immer von „Marketingtricks“ zu unterscheiden. Die tatsächliche Bedeutung von bestimmten Siegeln sowie weitere wichtige Aspekte der nachhaltigen Ernährung werden in den folgenden Abschnitten genauer betrachtet.

2.2. Großkonzerne in der Lebensmittelindustrie

Der Preis, den wir heutzutage für unsere Lebensmittel zahlen, ist gering. Während der Anteil der Nahrungsmittelausgaben 1950 noch bei 44 Prozent lag, sind es heute nur noch 13,9 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2015). Der Hauptgrund ist die Verschiebung der Distribution von kleinen Farmen und Geschäften zu multinationalen Konzernen. Für die/den EndverbraucherIn ist das auf den ersten Blick gut, da seine Einkaufskosten sinken und er sein Geld somit in andere Lebensbereiche investieren kann. Die günstigen Preise haben jedoch auch eine Schattenseite. Die Qualität unserer Nahrung ist stark gesunken. Früher wurde automatisch lokal und aktuellen Biostandards entsprechend gegessen. Heut-zutage ist ein Großteil stark verarbeitet und weite Strecken gereist (Nestle & Marion, 2015). Um die günstigen Preise zu sichern, werden Lebensmittel mit günstigen Kalorienfüllern wie Zucker gestreckt. Durch die Globalisierung sowie den technischen Fortschritt ist es möglich geworden, Rohstoffe und Lebensmittel weltweit günstig zu transportieren und die Bevölkerung wirtschaftsschwacher Länder systematisch auszubeuten. Der primäre Wirtschaftssektor sieht von den Erlösen meist nur einen Bruch-teil (Nestle & Marion, 2015). Am Lebensmittelmarkt gibt es wenige, sehr große Lebensmittelproduzenten mit einer enormen Marktmacht wie Kraft, Heinz, Nestle, Unilever und Kelloggs (Nestle & Marion, 2015). Sie besitzen die Rechte an unterschiedlichen Marken, die auf den ersten Blick eventuell gar nicht mit ihnen assoziiert werden. Ein wachsendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung und ein Anstieg der Krankheiten, die mit einer unausgewogenen Ernährung einhergehen (Center for Sustainable Systems, 2014), führte ab 2000 zu einem langsamen Anstieg der Bio-Branche, anfangs geführt von den kleinen Produzenten (Forgrieve, 2014). Mittlerweile ist „Bio“ massentauglich geworden. Die Großkonzerne haben angefangen, kleine Bioproduzenten und Erzeuger aufzukaufen und bieten seit einigen Jahren ihre eigenen Bio-Lebensmittel auf dem Markt an. Zeitgleich verkaufen sie auch ihre alten Produkte weiter. Welche sich langfristig in der westlichen Welt durchsetzen, werden nur die Zeit und die Präferenzen der KonsumentInnen zeigen können.
In vielen Ländern der so genannten Dritten Welt beginnt gerade jedoch erst der Anstieg der stark-verarbeiteten Lebensmittel (Food and Agriculture Organization of the United Nations [FAO], 2014), nachdem Firmen wie Coca-Cola den Getränkemarkt bereits erschlossen haben und ihre Getränke teilweise mehr konsumiert werden als Wasser (Holding, 2013). Der Einfluss auf den Lebensmittelmarkt dieser Großkonzerne ist erschreckend und lässt sich am besten grob anhand einer Sanduhr verdeutlichen. Eine Vielzahl an Agrarproduzenten beliefert eine Handvoll von Konzernen, die sich der Verarbeitung annehmen und die Produkte am Ende an Milliarden von EndkundInnen verteilen: eine enorme Macht, gerade bei Produkten, die für uns Menschen überlebensnotwendig sind. Und das Thema „Welthunger“ haben wir dabei noch nicht einmal angeschnitten. Unabhängig davon, ob sich „Bio“ langfristig durchsetzt oder einfach neben verarbeiteten ungesünderen Lebensmitteln koexistiert – nachhaltig ist diese Machtkonzentration der Lebensmittelkonzerne keinesfalls!

2.2.1. Großkonzerne in der Lebensmittelindustrie – Eine Annäherung am Beispiel Wasser

Im Rahmen der Globalisierung hat sich in den letzten Jahrzehnten ein enormer Wandel zur Privatisierung und Kommerzialisierung der Trinkwasserreservoire vollzogen. Der Flaschenkonsum boomt in vielen Ländern. Global agierende Unternehmen, wie z. B. Nestlé, profitieren von der strategischen Vermarktung von Flaschenwasser. Die Global Players im Wassergeschäft finden immer mehr AbnehmerInnen für ihre Produkte. Nach einer Studie des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches ist das Leitungswasser bis zu 1000-mal umweltfreundlicher als Mineralwasser aus Flaschen. In der Studie hat die Organisation den Weg einer Wasserflasche unter die Lupe genommen. Der Prozess der Wassergewinnung, das Abfüllen, die Verpackung und der Transport zu den Supermärkten, die Entsorgung oder Wiederverwendung der Flaschen verbrauchen enorm viel Energie, so dass die Ökobilanz wesentlich schlechter ausfällt als die von Leitungswasser. Je länger die Distanz des Wasserexports, desto mehr Energie wird benötigt. Der Gebrauch von PET-Flaschen ist am umweltschädlichsten (Nast, 2010). Der Wasserexperte Prof. Dr. Harald Horn des Karlsruher Instituts für Technologie hat in einem Artikel der National Geographic Deutschland betont, dass nicht nur die Wasserqualität des Leitungswassers in Deutschland hervorragend ist, sondern auch der Preis wesentlich geringer als der des Supermarkt-Wassers. Mit einem durchschnittlichen Preis von € 0,0024 pro Liter Leitungswasser zahlen die VerbraucherInnen mehr als das 150-fache für Flaschenwasser aus dem Supermarkt, das mit etwa € 0,40 pro Liter notiert ist (Horn, 2014). Die Bereitschaft der VerbraucherInnen, das Wasser aus dem Supermarkt zu kaufen, veranlasst die Unternehmen, immer weitere Wasserrechte für natürliche Vor-kommen zu kaufen. So hat es förmlich einen "run" auf die Wasserrechte für Gletscherwasser, Grundwasser, Flüsse und Seen gegeben, was der Natur und Umwelt erheblich schadet (Chellaney, 2013). Kritik gegenüber der Privatisierung ist von allen Seiten zu hören und sei „[…] einer Liberalisierungsideologie geschuldet, die jenseits ökonomischer Vernunft, ohne wissenschaftliche Analyse wasserwirtschaftlicher Gegebenheiten und ungeachtet ausbleibender Erfolge in den Entwicklungsländern rücksichtslos auf Kosten von Menschenleben durchgesetzt wurde“ (Dobner, 2013, S. 76). Die Profit maximierende Philosophie multinationaler Konzerne im internationalen Wettbewerb hat zu Massentransporten von Wasser geführt, die ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen (Barlow & Clarke, 2013). Der weltweite Anstieg des Wasserexports in kürzester Zeit mit all seinen Folgen müsse ein Weckruf für die Menschheit sein, die natürlichen Ressourcen nachhaltiger zu nutzen (Chellaney, 2013). Die Kontrolle der Wasservorkommen kann zu einer potenziellen politischen Waffe werden und birgt vor dem Hintergrund zunehmender Wasserknappheit erhebliches Konfliktpotenzial (Chellaney, 2013).

2.3 Vermarktung: Was taugen Siegel und Slogans wirklich?

Die Lebensmittelvermarktung und Vertrauensökonomie beschäftigt sich zunehmend mit der Produktkennzeichnung und -aufmachung. Auch Qualitätssiegel dienen der Vermarktung als Informationsinstrument. Durch die gesellschaftliche Entwicklung von zunehmender ethisch bewusst konsumieren-der Bevölkerung steigen die Anforderungen an die Produkte und somit an deren Hersteller und Vermarkter (Zander & Hamm, 2010). Derzeitiger Lebensmitteltrend der VerbraucherInnen ist es, mehr Transparenz über die Herkunft der jeweiligen Produkte sowie deren Inhalts- und Zusatzstoffe zu er-halten. Eine umweltschonende und nachhaltige Produktion beeinflusst mehr und mehr die Kaufentscheidung der Nachfragenden. Dort setzt die Ernährungswirtschaft an. Unternehmen versuchen, durch geeignete Kommunikationsinhalte ihr eigenes Produkt von anderen abzugrenzen (Zander & Hamm, 2010). Bezüglich der Marketingstrategien, die die Unternehmen gezielt einsetzen, um VerbraucherInnen bestimmte Bilder zu vermitteln, ist festzustellen, dass KundInnen zwar gewissenhaft einkaufen, sich beim Einkaufen jedoch nicht lange mit der Abwägung der verschiedenen Varianten aufhalten möchten (Solomon, Bamossy, Askegaard & Hogg, 2006). Häufig wird am Regal entschieden und Impulskäufe werden getätigt. Deshalb besteht der Wettbewerb unter den Anbietern nicht mehr allein bei der Informationskommunikation, sondern vermehrt bei der optischen Aufmachung (Zühlsdorf & Spiller, 2012). Der Clue liegt darin, die KundInnen auf die Produkte aufmerksam zu machen. Durch intensive Reize soll den KonsumentInnen ein Bild des Produktes vermittelt werden, ohne dass sie die Rückseite lesen müssen. Das Design muss die KundInnen zum Kauf überzeugen. Viele Firmen täuschen gezielt mit inhaltsleeren Bildern auf der Vorderseite des Produktes (Zühlsdorf & Spiller, 2012). Beispielsweise zeigt das Layout eines tropischen Saft-Mixes Früchte wie Ananas, Maracuja und Mango, was der/den VerbraucherIn schließen lässt, dass dies die Hauptzutaten seien. In Wirklichkeit bestehen diese Säfte zu 50 Prozent aus dem kostengünstigeren Apfelsaft (Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, 2015). Überzogene, oft falsche Aussagen werden optisch vermittelt. Auch Aufmachungen, wie z.B. eine Bauernoptik, und viele andere Motive täuschen tendenziell die KundInnen. Vom Optischen kommen wir nun zu informellen Vermarktungsstrategien. Mit irreführenden Slogans, wie "Frisch aus der Region" und "Ein gutes Stück Heimat", werben immer mehr Hersteller, um sich das Vertrauen der KundInnen zu erschleichen. Doch wie weit greift der Begriff "Region"? In der Marketingbranche ist der Bereich der "Region" ziemlich weit gefächert und variiert zwischen den Unternehmen. In einer Studie von Ökotest waren von 106 getesteten Produkten lediglich 26 regional (Umkreis von 60 km). Letztendlich entscheidet hier kein Trägerverein oder ein einheitliches Label, was zu der "Region" zählt, sondern die Hersteller selbst. Somit ist es ihnen freigestellt, die Region zu be-nennen und eigene Kriterien zu definieren. Teilweise stammt nur die wichtigste Hauptzutat aus regionaler Gegend, oder auch die ist importiert, aber in der Region zusammengestellt, weiterverarbeitet, oder verpackt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Hausmarke der Einzelhandelskette Edeka. Diese verkauft unter dem Slogan "Unser Norden" Reis und Kaffee, welches jedoch Produkte sind, die schwerpunktmäßig in anderen Ländern angebaut werden (Ökotest, 2015). Ein effektives Informationsinstrument sind die Qualitätssiegel. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf sich und informieren schnell über die Qualitätseigenschaften der Produkte. Den Qualitätssiegeln kann man relativ gut vertrauen. Es handelt sich um geschützte Begriffe und somit müssen alle gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllt sein, um diese Kennzeichnung verwenden zu dürfen. Durch die Menge an verschiedensten Labels, Slogans und unzureichender Transparenz können VerbraucherInnen überfordert sein und sie werden einfache Ziele für Trittbrettfahrerverhalten von leistungsschwächeren Unternehmen. Bei Begriffen wie "kontrollierter Anbau", "integrierter Anbau", "unbehandelt", "ungespritzt", "staatlich anerkannten Bauernhöfen", "alternative Haltung" und "aus umweltschonenden Anbau" handelt es sich genau um solch ein Trittbrettfahrerverhalten, da es faktisch keine Bio-Produkte sind, die somit gesetzlichen Richtlinien nicht Folge zu leisten haben (Worlds of food, 2015).

2.4 Wie erkenne ich nachhaltige Produkte?

Einem nachhaltigen Ernährungsstil liegt „[…] das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung […] [zugrunde], das 1992 auf der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro […] beschlossen wurde“ (Koerber & Kretschmer, 2006, S.181). Dieses Leitbild „[…] bezeichnet eine gesellschaftliche Entwicklung, in der die Bedürfnisse heutiger Generationen befriedigt werden sollen, ohne die Bedürfnisbefriedigung kommender Generationen zu gefährden“ (Koerber & Kretschmer, 2006, S.181). Eine nachhaltige Ernährung steht hiermit in unmittelbarem Zusammenhang, indem sie „[…] das gesellschaftliche Leitbild einer „Nachhaltigen Entwicklung“ für den Ernährungsbereich um[setzt].“ (BfEÖ, 2015). Sie schließt eine ökologische, ökonomische, soziale und gesundheitliche Dimension mit ein (BfEÖ, 2015). Hierbei bezieht sich die ökologische Dimension auf die globale Umwelt, also die Verantwortung gegenüber dem natürlichen Lebensraum. Die ökonomische Dimension thematisiert die Ebene der Wirtschaft und zeichnet sich durch eine enge Verflechtung mit allen sich dort ereignenden Prozessen aus. Bei der sozialen Dimension ist die Gesellschaft der zentrale Aspekt und trägt die Verantwortung für alle Mitmenschen, auch im globalen Sinne. Die vierte und letzte ist die gesundheitliche Dimension, bei der sich auf jeden einzelnen Menschen bezogen wird und damit auf die individuelle Ebene eingegangen wird (Beratungsbüro für Ernährungsökologie [BfEÖ], 2015). Doch wodurch genau zeichnet sich eine nachhaltige Ernährung eigentlich aus? Wie lässt sich eine nachhaltige Ernährung konkret im Alltag praktizieren?

Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich das Wissenschaftsgebiet der Ernährungsökologie. Für einen zukunftsfähigen Ernährungsstil hat sie sieben Grundsätze konzipiert. Diese sollen zur Lösung der Problematik in den vier genannten Dimensionen beitragen (BfEÖ, 2015). Hierbei handelt es sich um die Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel, den Verzehr ökologisch erzeugter Lebensmittel, den Genuss regionaler und saisonaler Erzeugnisse, die Bevorzugung gering verarbeiteter Lebensmittel, den Kauf fair gehandelter Lebensmittel, ressourcenschonendes Haushalten sowie den Verzehr genussvoller und bekömmlicher Speisen (BfEÖ, 2015). Zu diesem nachhaltigen Ernährungsstil gehören natürlich auch nachhaltige Produkte. Doch woran erkennt man nun nachhaltige Lebensmittel? Indem wir um-welt- und sozialverträgliche Produkte kaufen, können wir Nachhaltigkeit in unserem Alltag praktizieren. Hierbei findet die/der Einzelne bei der Identifizierung solcher Produkte Unterstützung durch Gütesiegel. Sie geben Auskunft über die Entstehung eines Produktes, ausgehend von der Gewinnung der Rohstoffe über die Arbeitsbedingungen bis schließlich zur Beschaffenheit (Umweltzentrum Bielefeld, 2015). Dabei sollen diese Siegel hohe Qualitätsstandards versprechen und Vertrauenswürdigkeit aus-strahlen. Folglich haben viele Hersteller diese Tatsache „[…] als Vermarktungsstrategie erkannt und eigene Zeichen und Siegel entworfen.“ (Umweltzentrum Bielefeld, 2015). Da diese grafischen Siegel nicht immer hohen Qualitätsstandards entsprechen, muss die/der Einzelne sich eigenständig darüber informieren, welche Siegel nun tatsächlich auf gehobene Umwelt- und Sozialanforderungen hinweisen. Dabei gilt es zu beachten, dass die Kriterien, welche dem Tragen eines Gütesiegels zugrunde liegen, sehr stark variieren. Siegel, die von unabhängigen Stellen entwickelt, vergeben und kontrolliert werden, können in der Regel als vertrauenswürdig eingestuft werden. Ihre Vergabe und Nutzung ist transparent und überprüfbar (Umweltzentrum Bielefeld, 2015). Sie bieten der/dem VerbraucherIn Orientierung innerhalb der unzähligen regionalen, nationalen und internationalen Siegel, Herkunftszeichen, Symbolen und Codierungen (Aachener Stiftung Kathy Beys, 2015). Welche Nachhaltigkeitsstandards in Form von Gütezeichen und Siegeln werden nun übermittelt? Dies können zum Beispiel Lebensmittel aus dem biologischen Anbau sein. Im Folgenden sollen die aktuellen Zeichen und Gütesiegel für Lebens-mittel genannt werden: das Qualitätssiegel der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), das staatliche Bio-Siegel, EU Bio-Siegel, EU Bio-Verordnung, Siegel der Öko-Anbauverbände (Bioland, Biokreis, Biopark, Demeter, Gäa - ökologischer Landbau, Naturland, Ecoland, ECO VIN), Neuland Fleisch, MSC: Die Garantie für nachhaltige Fischerei, IFOAM: Internationaler Dachverband aller Organisationen des ökologischen Landbaus, Ohne Gentechnik, Gütezeichen für Fairen Handel, TransFair, Gepa: Fair Handelshaus, BanaFair (Aachener Stiftung Kathy Beys, 2015). Worauf sollte die/der VerbraucherIn beim Ausschluss von Täuschung durch die Industrie achten? Es empfiehlt sich, sich beim Einkauf nicht auf „bloße Werbeaussagen wie „aus anerkanntem Anbau“, „Naturprodukt“ oder Ähnlichem […] [zu verlassen], da nur die wahren Gütesiegel bzw. Bio-Siegel Auskunft über die Qualität, die Produktion, etc. geben.“ (Aachener Stiftung Kathy Beys, 2015). Alternativ kann man in Bio- oder Naturkostläden einkaufen, wo man außerdem Lebensmittel mit Auszeichnungen strengerer Anbauverbände sowie Beratung und Auskunft findet. Im Supermarkt sollte man beispielsweise auf Produkte mit staatlichen Bio-Siegeln achten. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, bei Unklarheit über Täuschung die betreffenden Produkte auf der Website "www.lebensmittelklarheit.de", die dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz untersteht, zu melden. Entsprechende Meldungen werden überprüft und der Hersteller wird um eine Stellungnahme gebeten. Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Reduktion von Täuschung ist es, regionalen Produkten den Vorzug zu geben, wobei auf die genaue Herkunft zu achten ist. Obst und Gemüse, welches weite Transportwege hinter sich hat, ist oft behandelt worden, um im Supermarkt noch immer als „frisch“ zu gelten. Dem-zufolge ist die Wahl regionaler Lebensmittel zu bevorzugen. Nicht zuletzt hat dies eine Stärkung der Landwirtschaft am Ort zur Folge. Des Weiteren werden auch Straßen und die Umwelt entlastet (Aachener Stiftung Kathy Beys, 2015).

2.5 Psychologische Einflüsse auf nachhaltige Verhaltensmuster

Das Nachhaltigkeitskonzept unterliegt zwei Kriterien: inter- und intragenerative Gerechtigkeit. Diese werden erfüllt, wenn vorhandene Ressourcen auf eine Weise genutzt werden, die die gleiche Lebensqualität sowohl für aufeinander folgende Generationen als auch für alle ErdbewohnerInnen innerhalb einer lebenden Generation ermöglicht. Während dieses Konzept in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der internationalen Umweltpolitik geworden ist, zeigen Statistiken, dass der sozial-ökologische Wandel noch nicht den Alltag der VerbraucherInnen erreicht hat. So gaben nur 18 Prozent der deutschen VerbraucherInnen an, dass nur die Hälfte ihrer konsumierten Lebensmittel biozertifiziert sei (Dialego, 2011). Doch durch welche psychologischen Einflüsse werden nachhaltige Verhaltensmuster aktiviert oder gehemmt? In der Fachliteratur lassen sich vielfache Erklärungsansätze hierzu finden. Im Folgenden werden situative Determinanten sowie zwei psychologische Erklärungsansätze nachhaltigen Verhaltens zur Erläuterung dieses Phänomens herangezogen.

2.5.1 Situative Determinanten

Das menschliche Verhalten ist unter anderem durch situative Determinanten geprägt. Es stellt sich also die Frage, inwieweit man durch kontextuelle Aspekte Einfluss auf nachhaltigkeitsbezogenes Verhalten nehmen kann. In der allgemeinpsychologischen Forschung gibt es zahlreiche Studien, die sich mit dem Einfluss von Layout und Verpackung von Produkten beschäftigen. So konnten Biel, Dahlstrand und Grankvist (2005) zeigen, dass eine Erhöhung der Salienz, also der Auffälligkeit von Öko-Labeln, zu einem gesteigerten Konsum ökologischer Produkte führt - solange die KonsumentInnen nicht unter Zeitdruck stehen. Auch ist die Bereitschaft, für bedrohte Tierarten zu spenden, höher, wenn farbige statt schwarz-weiß-Fotos verwendet werden (Labao, Francisco, Harder & Santos, 2008). Diese und weitere Befunde zeigen, dass ein Grund, warum viele KonsumentInnen sich nicht nachhaltig ernähren, in der unzureichenden Wahrnehmung ökologischer Produkte liegen kann. Ein konkretes Ziel für Produkthersteller sowie Einkaufsmöglichkeiten sollte es also sein, die Aufmerksamkeit für entsprechende Produkte zu erhöhen. Auch die/der KonsumentIn selbst kann es sich zum Ziel setzen, vermehrt auf entsprechende Hinweise zu achten. Auf diese Weise sind teils „[…] profunde Veränderungen nachhaltigkeitsbezogenen Verhaltens möglich“ (Moser, 2015). Zu den rein situativen Hinweisen kommt auch der Bereich des Zusammenspiels von Situation und sozialer Interaktion hinzu. Eine Studie von Cialdini, Reno und Kallgran (1990) zeigte zunächst einen starken Effekt der Umgebung: bei sauberer Umgebung wird die Umwelt seltener verschmutzt. Es gibt jedoch auch eine Wechselwirkung mit dem Verhalten einer/eines beobachtbaren Mitbürgerin/Mitbürgers. Wirft diese/dieser in einer sauberen Umgebung etwas weg, kommt es bei der/dem BeobachterIn zu einem kontrastiven Effekt. Durch das Falschverhalten der/des Mitbürgerin/Mitbürgers wird der/dem BeobachterIn bewusst, wie sauber die aktuelle Umgebung eigentlich ist – sie/er selbst wirft also nichts weg. Ein assimilativer Effekt tritt ein, wenn die/der MitbürgerIn in einer eh schon schmutzigen Umgebung etwas wegwirft. Für die/den BeobachterIn erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dies ebenfalls zu tun und sich somit dem beobachteten Verhalten anzuschließen. Neben den Hinweisen der Situation ist es also auch entscheidend, wie die soziale Referenzinformation verarbeitet wird. Beispielsweise kommuniziert der Appell „Viele ernähren sich nicht nachhaltig, mach‘ es besser!“ auch die negative Handlung der Mehrheit („Die meisten ernähren sich nicht nachhaltig, also mach‘ ich es auch nicht.“). Eine positive Wirkung lässt sich hingegen eher erwarten, wenn die von der Mehrheit aus-geübte Haltung positiv ist: „Wir alle ernähren uns nachhaltig, das kannst du auch!“ (Cialdini, 2003). Befunde wie diese verdeutlichen, dass menschliches Verhalten unter anderem durch soziale Interaktionen und Modelllernen geprägt ist. Neben der Interaktion mit anderen Menschen spielt auch die eigene Interpretation einer Situation eine Rolle. Beispielsweise helfen Menschen weniger, wenn das entsprechende Bewusstsein nicht vorhanden ist. Das im Fachjargon auch „pluralistic ignorance“ genannte Phänomen meint, dass Hilfe nicht als nötig oder gerechtfertigt angesehen wird (Degner, 2013). Auch wenn die/der KonsumentIn selbst vielleicht merkt, dass sie/er sich nachhaltiger ernähren könnte, nimmt sie/er auf der anderen Seite wahr, dass andere es auch nicht machen. Welche Folgen eine Ressourcen verbrauchende Lebensweise für die Zukunft haben kann, wird gemeinhin ignoriert. In eine ähnliche Richtung gehen auch Kontrollüberzeugungen wie „Die Dimension des Nachhaltigkeitsproblems ist so groß, ich kann eh nichts dagegen tun.“ Kleine Schritte und einfache Maßnahmen können jedoch helfen, diese Hemmschwelle zu über-winden (Homburg & Matthies, 1998). Beispielsweise kann sich die/der KonsumentIn konkret das Ziel setzen, zunächst nur bei bestimmten Lebensmitteln auf deren Nachhaltigkeit zu achten. Ein weiterer Aspekt ist die Diffusion der Verantwortung. Dies bedeutet, dass je mehr Menschen in eine Problemsituation involviert sind, die/der Einzelne umso weniger bereit ist, persönlich einzugreifen. Die Verantwortung wird also an die restlichen Beteiligten abgegeben – beispielsweise übergeordnet an Politik und Wirtschaft. Dennoch stehen externale und internale Verantwortungsübernahme eigentlich nicht im Widerspruch zueinander. „Man kann als Einzelner […] Verantwortung für den Schutz der Umwelt übernehmen, und sich gleichzeitig der Verantwortung der Akteure in Wirtschaft und Politik bewusst sein […]“ (Hellbrück & Kals, 2012, S. 108).

2.5.2 Theorie der Werte, Normen und Ansichten

Eine wesentliche Grundlage für nachhaltige Verhaltensweisen bieten moralische Normen und Werte. Diese geben dem Menschen einen ersten Motivationsschub, sich nachhaltig zu verhalten. Studien zeigen beispielsweise, dass starke moralische Normen zu einem geringeren Energiekonsum (Black, Stern & Elworth, 1985) und vermehrtem Recycling führen (Guagnano, Stern & Dietz, 1995). In einer Metaanalyse von Hines, Hungerford und Tomera (1987) ließ sich außerdem ein mittelstarker Zusammenhang (r = .33) zwischen der moralischen Verpflichtung, die Umwelt zu schützen, und umweltfreundlichem Verhalten finden. Diese Befunde bestätigen, dass moralische oder persönliche Normen direkte Determinanten von prosozialem Verhalten sind. Dies ist auch die Grundlage des Norm-Aktivierungs-Modells (NAM) von Schwartz aus dem Jahre 1977. Das Modell erklärt, dass altruistisches Verhalten (dazu gehört auch umweltfreundliches Verhalten) aus persönlichen moralischen Normen heraus entsteht. Damit ein Individuum nachhaltige Verhaltensweisen aufzeigt, müssen folgende zwei Prozesse stattfinden:

  1. Moralische Normen wurden durch die Wahrnehmung der Person aktiviert, dass ein bestimmtes Verhalten anderen Entitäten (z.B. anderen Menschen, Tieren oder dem Ökosystem) schaden würde (AC: awareness of adverse conse-quences). Umweltschutz als Wert kann jedoch auch eine hohe Akzeptanz erfahren, ohne dass sich dies im alltäglichen Handeln ausdrückt. Damit dies nun verhaltenswirksam wird und man beispielsweise zu regionalen Produkten greift, muss ein weiterer Prozess aktiviert werden:
  2. Das Individuum muss wahrnehmen, dass es mit seinem Verhalten die (schädlichen) Konsequenzen verändern kann (AR: ascripton of responsibility to self). Wenn eben diese beiden Prozesse in einer Situation X zugleich zutreffen, werden moralische Normen aktiviert. Die Theorie der Werte, Normen und Ansichten (value belief norm theory, Stern, 2000) ist eine Weiterentwicklung des Norm-Aktivierungs-Modells. Diese Theorie beschreibt, dass bestimmte Werte (insbesondere sozial-altruistische, biosphärische und egoistische Werte) zu einer ökologischen Weltansicht führen (Abb. 2). Diese Weltansicht führt dazu, dass das Individuum (schädliche) Konsequenzen für andere Menschen wahrnimmt (AC) und sich die Verantwortung für diese Konsequenzen und ihr Verhindern zuschreibt (AR). Somit werden persönliche, moralische und umweltfreundliche Normen in der Person geweckt, aus denen heraus ein Verantwortungsgefühl entsteht, sich nachhaltig zu verhalten. Erst dann wird ein Individuum nachhaltige Verhaltensweisen aufzeigen. Stern (2000) konnte zeigen, dass Individuen, die die Konsequenzen ihres Handelns für die Umwelt wahrnehmen und sich selbst die Verantwortung für ein Verhindern dieser Konsequenzen zuschreiben, umweltfreundliche Normen und starke umweltfreundliche Verhaltensintentionen entwickeln (z.B. in Bezug auf den Energieverbrauch, reduzierte Nutzung von Autos).

Für die Praxis ergeben sich aus den oben beschriebenen Modellen Implikationen. Erst einmal scheint eine Entwicklung von moralischen Normen und Werten wesentlich, sodass ein Individuum später prosoziales und umweltfreundliches Verhalten zeigt. Hierbei ist es von Vorteil, bereits früh sozial-altruistische und biosphärische Werte zu vermitteln, da diese Prädiktoren für ein nachhaltiges Verhalten dieser Person (de Groot & Steg, 2010), wie z.B. Schutz und Erhaltung der Umwelt (Milfont & Gouveia, 2006), sind. Zusätzlich kann die Wahrnehmung schädlicher Konsequenzen für andere verstärkt werden, indem beispielsweise in der Werbung oder in Kaufsituationen explizit auf die Problematik hingewiesen wird (z.B. „schützt die Ressourcen“ von Blauer Engel für Hygiene-Papier).

2.5.3 Theorie des geplanten Verhaltens von Ajzen (1991)

Die Theorie des geplanten Verhaltens (engl. theory of planned behavior, TPB) von Icek Ajzen befasst sich mit der möglichen Vorhersagbarkeit des Verhaltes einer Person gegenüber einem Einstellungsobjekt (hier: Nachhaltigkeit). Das Verhalten wird durch die Intention (Verhaltensabsicht) determiniert, welche wiederum abhängig von drei Faktoren ist: soziale bzw. subjektive Normen, Einstellung gegen-über dem Verhalten und erlebte Verhaltenskontrolle (Abb. 3).

Wie bereits in der Theorie der Werte, Normen und Ansichten thematisiert, nehmen Normen eine wichtige Funktion in der Entstehung nachhaltigen Verhaltens ein. Ist eine Person davon überzeugt, dass ihr Verhalten von für sie bedeutsamen Personen auch positiv bewertet wird, dann wird dieses Verhalten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit umgesetzt. Dieses Ausmaß, mit dem die Person einen sozialen Druck wahrnimmt, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen oder nicht zu zeigen, ist die soziale Norm. Es wird zudem vorausgesetzt, dass die Einstellung der Person gegenüber dem Einstellungsobjekt zuvor bekannt ist. Menschen sind motiviert durch ihr Verhalten Bestrafungen zu vermeiden und Belohnungen zu erhalten. Die Summe dieser positiven und negativen Konsequenzen ist die Grundlage einer Einstellung zu verschiedenen Handlungsmöglichkeiten. Wenn ein Verhalten positiv bewertet wird, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten ausgeführt wird. Die dritte Determinante der Intention ist die wahrgenommene Verhaltenskontrolle, d.h. die Verhaltensrealisierung ist umso wahrscheinlicher, je größer die subjektive Überzeugung ist, das Verhalten kontrollieren zu können. Je höher eine Person ihre verfügbaren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Ressourcen einschätzt, desto größer ist die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Es ist hervorzuheben, dass die wahrgenommene Verhaltenskontrolle nicht mit der tatsächlichen Verhaltenskontrolle überein-stimmen muss. Wie die Faktoren Normen und Einstellungen beeinflusst die wahrgenommene Verhaltenskontrolle das Verhalten indirekt über die Intention, kann sich aber auch direkt auf das Verhalten auswirken. Die Intention beeinflusst als Entscheidungskomponente das Verhalten. Je stärker die Intention dabei ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das Verhalten auszuüben. Studien konnten die Relevanz der drei Determinanten in Bezug auf nachhaltige Verhaltensintentionen nachweisen. Das durch das Wissen über die Themen der nachhaltigen Ressourcennutzung, hohe umweltbezogene Werte und einer hohen wahrgenommenen persönlichen Kontrolle entstehen-de Verantwortungsgefühl gegenüber der Umwelt kann bis zu 60 Prozent der Varianz umweltbezogener Verhaltensintentionen erklären (Kaiser, Ranney, Hartig & Bowler, 1999). Kalafatis, Pollard, East und Tsogas (1999) zeigten, dass die Determinanten Prädiktoren für den Kauf ökologischer und umweltfreundlicher Produkte sind, wie z.B. nachhaltige Milchprodukte (Vermeir & Verbeke, 2008). Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen den Determinanten und der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel empirische bestätigt (Bamberg, Hunecke & Blöbaum, 2007).

2.6 Umwelt- und entwicklungsorientierte Bildung/Erziehung

Eine umwelt- und entwicklungsorientierte Bildung und Erziehung soll Eigenschaften und Fähigkeiten bei dem Individuum herausbilden, durch die es lernt, sein Wissen über globale Probleme praktisch umsetzen und anwenden zu können. Dazu gehört zum einen die Aneignung von Wissen über die Komplexität und Zusammenhänge der Globalisierung (z.B. wirtschaftliche Entwicklung, Konsum, Umweltbelastungen, Gesundheit und soziale Verhältnisse) und zum anderen die Herausbildung von Eigenschaften, die das Individuum dazu befähigt, nachhaltig zu denken und zu handeln (Berücksichtigung der Konsequenzen eigener Handlungsentscheidungen). Das bedeutet, dass nicht nur eine mehrdimensionale Bildung über die physikalische, biologische, sozioökonomischen und menschlichen Umwelt notwendig ist, sondern dass bestimmte Kompetenzen gefördert werden können. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten könnten durch das Konzept der Gestaltungskompetenz vermittelt und verinnerlicht werden.

Konzept der Gestaltungskompetenz

  • Organisationsprinzipien (Schüßler, 2006; De Haan, 2008)
  • Interdisziplinäres Wissen: Die Pluralisierung von Wahrnehmungs- und Problemverarbeitungsmechanismen
  • Partizipatives Lernen: Partizipative Lernformen und -methoden
  • Innovative Strukturen: Eine Leitbild- und Organisationsentwicklung nach den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung Fähigkeiten und Eigenschaften, die durch das Konzept gefördert werden könnten (Kettner, 2008; Henze, 2008)
  • Weltoffen und neue Perspektiven integrierend Wissen aufbauen
  • Vorausschauend Entwicklungen analysieren und beurteilen können
  • Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen und handeln können
  • Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen können
  • Gemeinsam mit anderen planen und handeln können
  • Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen können
  • An kollektiven Entscheidungsprozessen teilhaben können
  • Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden
  • Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren können
  • Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzen können
  • Selbstständig planen und handeln können
  • Empathie für andere zeigen können

Beispiele für Methoden (Kettner, 2008; Henze, 2008)

  • Situiertes Lernen, Rollenspiele, Informationsbeschaffung (durch z.B. Interviews und deren Auswertung)
  • Fantasieren, Ideenwettbewerbe, Zukunftswerkstätten, Erstellen von Zeichnungen oder Collagen vom Leben in der Zukunft, Modellbau, Denkspiele
  • Projekte, entdeckendes Lernen, Lernen an Stationen, Werkstattarbeit, selbstständiges Erarbeiten von Fragestellungen und Lösungen
  • Mediation (harmonische Vermittlung im Gespräch bei privaten und sozialen Konflikten), Gesprächskreise, Rituale, Übungen zur Teambildung, Einbeziehung außerschulischer Partner und Lernorte, Nutzung neuer Technologien

De Haan (2008) gibt folgende Definition für ,,Gestaltungskompetenz'':

,,Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können. Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen über ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen in ihrer Wechselseitigen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehen und individuell, gemeinschaftlich und politisch umsetzen zu können, mit denen sich nachhaltige Entwicklungsprozesse verwirklichen lassen“.

3 Fazit

Wie deutlich geworden sein sollte, ist das Feld der nachhaltigen Ernährung unglaublich groß und betrifft alle Disziplinen, sei es nun wirtschaftlicher, sozialer, geografischer oder psychologischer Art. Nachdem wir uns gemeinsam durch eine Auswahl an Themen im interdisziplinären Gebiet der nachhaltigen Ernährung gearbeitet haben, sind wir zu einer Reihe von Schlüssen gekommen. Gleichzeitig ist uns aber auch klargeworden, dass noch eine Menge zu der Thematik gesagt werden kann und im Zuge der Verbraucheraufklärung auch gesagt werden sollte. Folgende Punkte stellen knapp die Problematik dar, die wir in in unserer Themenauswahl herausgearbeitet haben:

  • Der Bedarf an Nahrung steigt mit der wachsenden Bevölkerung.
  • Viele Großkonzerne beuten Schwellenländer aus.
  • Unser jetziges Konsumverhalten ist mit Nachhaltigkeit unvereinbar.
  • Die Fleischproduktion ist sehr ressourcenaufwendig und zerstört die Natur.
  • Aufgrund von Marketingtricks ist Nachhaltigkeit oft schwer erkennbar.
  • Das Dickicht der Siegel für Nachhaltigkeit ist schwer durchschaubar.
  • Die Machtkonzentration der Lebensmittelkonzerne ist nicht nachhaltig.
  • Wasser aus Flaschen bringt ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht.

Gleichzeitig haben wir aber auch Ansätze gefunden, mit denen es zu einer Besserung des aktuellen Zustandes kommen kann. Einige bieten wir als Empfehlung an, andere müssen in unseren Augen zu Gunsten einer nachhaltigen Zukunft umgesetzt werden:

  • Nachhaltige Ernährung betrifft alle.
  • Änderungen im Verhalten des Einzelnen führen global zu einer Verbesserung.
  • Jeder sollte die Verantwortung für seinen Einkauf übernehmen.
  • Saisonale und lokale Produkte sind in vielerlei Hinsicht einfach besser.
  • Es gibt verlässliche Gütesiegel, an denen man sich orientieren kann.
  • Wasser sollte aus der Leitung getrunken werden.
  • Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit muss gestärkt werden.
  • Kommende Generationen müssen Nachhaltigkeit von Anfang an lernen.

Wir hoffen, bei Ihnen als LeserInnen ein Bewusstsein für die aktuelle Problematik der Zustände in der globalen Lebensmittelindustrie geschaffen zu haben und würden gerne mit Ihnen zusammen aktiv gegen diese vorgehen. Einen ersten Ansatz dafür sehen wir in unseren Empfehlungen zur Besserung, die wir uns alle zu Herzen nehmen werden. Doch dies ist erst ein kleiner Einblick in dieses unglaublich große und komplexe Thema. Wir werden uns alle privat weiter damit befassen, denn es betrifft uns alle – und unsere Zukunft.

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mit Ausnahme der Abbildungen auf S. 62, 71, 72