Geflüchtete Menschen als Chance für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung

Titelbild

Anna Köhler, Torben Kraft, Silke Lippok, Lukas Michahelles, Martina Niehoff, Vera Schmidt & Falk Schütz

cc-by-sa| 03-2016

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Kein Thema beschäftigt die deutsche Gesellschaft aktuell so sehr wie die vielen geflüchteten Menschen, die in unserem Land eine neue Heimat suchen (Engler & Schneider, 2015). Die Zuwanderung und Integration dieser Menschen sind gegenwärtig einige der größten und sicher auch anspruchsvollsten Herausforderungen, die Deutschland und seine Bewohner/innen in den nächsten Jahren zu bewältigen haben. Hierbei ist es wichtig, Möglichkeiten zu finden, wie ein friedliches Zusammenleben als Bedingung für eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung etabliert werden kann. Daher präsentiert dieses Paper interdisziplinäre Ansätze aus den Bereichen Erziehungswissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Geowissenschaften sowie Psychologie und fokussiert sich auf mögliche Chancen, die sich für Deutschland daraus ergeben, dass Menschen aus anderen Ländern in unserem Land dauerhaft Zuflucht suchen. Es sollen konstruktive Perspektiven dargestellt werden, die die aktuelle Situation mit sich bringt in Hinblick auf den demographischen Wandel, für den Arbeitsmarkt, geographische Ressourcen, die gerade brach liegen, sowie die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung, ohne dabei die Problematiken zu marginalisieren. Es sollen Schritte und Maßnahmen, die notwendig sein könnten, um eine nachhaltige Gesellschaftsentwicklung zu erreichen, herausgearbeitet werden. Jede wissenschaftliche Disziplin legt dabei den Fokus auf ihre speziellen Themengebiete, wodurch sich ein vielschichtiges Gesamtbild ergibt, das zum Nachdenken jenseits von stark emotionalisierenden Medienberichten einlädt.

Schlüsselwörter

Demokratieerziehung; Flucht; Migration; Psychologie

1 Einleitung

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. […] [und] jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“ fordern Artikel 113 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der UN Generalversammlung aus dem Jahr 1948. Diese Rechte gelten für alle „Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen“ (ebd., Präambel) und meinen damit uns, also jede/n Einzelne/n. Wir unterstehen diesen Rechten und sie werden uns zu Pflichten, indem wir sie in der „Gemeinschaft der Menschen“ den anderen Mitgliedern gegenüber achten und wahren. Uns auf solche Grundfesten des Menschseins zu berufen, gewinnt seit einiger Zeit an öffentlicher, unübersehbarer Aktualität angesichts der steigenden Zahl geflüchteter Menschen, die in Deutschland um Asyl bitten und zu unseren Mitmenschen werden. Wie wollen wir ihnen begegnen und was sagt diese Haltung über uns als Menschen aus? Zur Zeit sind in der Bevölkerung eine große Verunsicherung und Angst zu spüren, die noch befeuert werden durch Panik verbreitende mediale Bilder, auf denen scheinbar unendlich große Menschenmassen gezeigt werden, die nach Deutschland strömen. Seitens der Wissenschaft werden zum einen die enormen Potenziale, die sich daraus für Deutschland ergeben, betont (Parusel, 2015, Barthelt, Oltmer & Weyhenmeyer, 2015) und zum anderen wird auf mögliche Fehlentwicklungen und -entscheidungen hingewiesen, die einer solchen positiven Entwicklung entgegenwirken könnten (Oltmer, 2015). Außerdem werden zahlreiche Parallelen zu früheren oder parallel auftretenden Flüchtlingsbewegungen in anderen Regionen gezogen, um daraus sinnvolle Handlungsschritte für die deutsche Politik ableiten zu können (Krause, 2015). Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist aber nicht nur Sache der Politik, sondern sie ist eine Aufgabe, die alle Bürger/innen dieses Landes benötigt, um gelöst zu werden. Vor allem sollten jetzt nach Möglichkeit sämtliche Disziplinen aus Wissenschaft und freier Wirtschaft zusammenarbeiten und ihr Wissen austauschen, um sinnvolle und nachhaltige Lösungen zeitnah anbieten zu können. Wir möchten den Fokus explizit auf die positive Seite der Flüchtlingsbewegung legen und bestehenden Vorurteilen entgegenwirken, ohne die tatsächlich bestehenden Problematiken dabei verharmlosen oder in Frage stellen zu wollen. Außerdem sollen langfristige sowie konstruktive Perspektiven aufgezeigt und dargestellt werden, was unternommen werden sollte, um diese Ziele zu erreichen.
Die Integration der geflüchteten Menschen spielt sich auf nationaler Ebene ab. Innerhalb Deutschlands begegnen die Bürger/innen den Neuankömmlingen verschiedenartig. Geflüchtete Menschen stoßen auf Ablehnung und eine konservativ zurückhaltende Einstellung und auf Bürger/innen, die ihnen offen und einladend gegenübertreten. Mancherorts hat sich eine sogenannte "Willkommenskultur" entwickelt. Aktuelle wissenschaftliche Literatur ist dazu nicht zu finden, wohl aber immer wieder erschütternde Berichte in den Medien darüber, dass beispielsweise Flüchtlingsunterkünfte angegriffen und in Brand gesteckt werden, aber auch Berichte, die zeigen, wie sie mit Applaus empfangen werden. Es ist wichtig, die Menschen, sowohl Einheimische als auch Geflüchtete, nicht sich selbst zu überlassen, sondern sie mit der Expertise der jeweiligen Disziplinen zu begleiten, zu unterstützen und sie darüber aufzuklären, wer und was sie erwartet, und vor allem nachvollziehbar die Chancen durch Zuwanderung darzustellen und praktisch zu fördern. Nur so lassen sich Ängste und Vorurteile abbauen.
Die Menschenrechte, wie sie die UN Generalversammlung 1948 niedergeschrieben hat, bilden den gemeinsamen Konsens, auf dessen Grundlage argumentiert wird, und betrachten die Erfüllung und Einhaltung dieser Rechte und Pflichten als Ziel dieses interdisziplinären und lösungsorientierten Ansatzes. Aus pädagogischer Sicht spielt Artikel 26 eine entscheidende Rolle, da er das Recht auf Bildung und die Pflicht, die jener Bildungsauftrag mit sich bringt, behandelt. Die Psychologie schließt sich daran an, indem sie die Entwicklung einer wertschätzenden Kultur fordert. Das Bedürfnis des Menschen nach Zugehörigkeit wird erläutert und der notwendige Schutz vor Diskriminierung betont, dass eben jenes Bedürfnis durch soziale Ablehnung chronisch verletzt wird und destruktive Konsequenzen nach sich ziehen kann. Inhaltlich fordert Artikel 7 der Menschenrechte genau dieses. Aus wirtschaftlicher Perspektive wird ein möglicher Ansatz zur ökonomischen Nutzbarmachung des zuwandernden Humankapitals und dessen daraus entstehendes Potenzial für den Ausgleich von wirtschaftlichem Ungleichgewicht in Deutschland erörtert. Für die Geowissenschaften spielt der demografische Wandel ebenfalls eine Rolle. Es wird verdeutlicht, wie gegenwärtig ungenutzte Räume und Infrastrukturen endlich wieder nutzbar gemacht werden können und auch müssen, und welche positiven Auswirkungen für das Image von Gegenden und Städten denkbar sind. Im Folgenden werden die genannten Vorstöße wissenschaftlich diskutiert und der breiten Öffentlichkeit sowie den Medien zum Nachdenken und Umdenken hinsichtlich ihrer doch sehr einseitig Ängste schürenden Berichterstattung ans Herz gelegt.

2 Demokratieerziehung - ein Recht des Menschen, das zu Menschenrechten verhilft

Der eben dargestellte Artikel 1 begegnet dem interessanten Phänomen des "Zwangs der vernunftvollen Einsicht" (Kant, 1803), wie es Kant beschreibt und welches meint, dass sich Menschen, die in einer demokratischen, friedlichen Gesellschaft leben wollen, einem gesetzlichen "Zwang" unterstellen, dem sie sich deswegen beugen, weil sie zugleich "Autoren und Adressaten" der niedergeschriebenen Rechte sind (Habermas, 1994). Notwendig verlangen diejenigen Gesetze, die uns vor Diskriminierung und Verletzung der Persönlichkeit schützen sollen, dass wir sie nicht nur als unsere Rechte, sondern auch als unsere Pflichten begreifen. Richter schreibt mit dieser Übereinkunft sei

"[...]die Basis dafür geschaffen [...] Übergriffe in die Freiheit eines anderen zu verhindern, weil diejenigen, auf die der Zwang ausgeübt wird, diejenigen sind, die sich grundsätzlich selber unter diesen Zwang gestellt haben" (Richter, 1998).

Die allgemeine Anerkennung der Menschenrechte wird in Artikel 1 darauf gegründet, dass wir „[…] mit Vernunft und Gewissen begabt [sind] [...]" (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948). Anderen Menschen nicht alle ihre Rechte zuzugestehen und sie damit nicht in ihrer vollkommenen Würde anzuerkennen, kann folglich nur bedeuten, dass es uns an Vernunft und Gewissen mangelt. Es scheint, als würde uns von unserer natürlichen Menschlichkeit nach und nach etwas abhanden kommen, wenn man die Zeitungen aufschlägt oder im Fernsehen von den abscheulichen Taten hört, die in Deutschland gegenüber geflüchteten Menschen verübt werden. Wo können wir ansetzen , um eine vielfältige Gesellschaft zu sein, die sich selbstverständlich der Einhaltung der Menschenrechte verschreibt? Eine defizitorientierte Handlungsweise, die erst dann eingreift, wenn eine Gesetzesübertretung stattfindet, und sich dem Mittel der Abschreckung bedient, indem sie nach Vorgaben des Strafgesetzbuches vorgeht, scheint das Problem nicht zu lösen. So werden der Hydra immer neue Köpfe wachsen, anstatt eine tatsächliche Veränderung in den Köpfen der Menschen zu erreichen. Artikel 26 der UN Menschenrechtskonvention behandelt das Grundrecht der Bildung des Menschen:

„Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen […] beitragen und […] für die Wahrung des Friedens förderlich sein“ (ebd.).

Geht man auf diesem Wege die Probleme unserer Gesellschaft an, so schafft man ein System der Prävention, anstatt die Symptome von Rassismus und Diskriminierung nur rückwirkend zu bekämpfen. Der Bildungsauftrag richtet sich an alle Schulen, Kindergärten und andere Ämter, die in diesem Land den Anspruch haben, Werte, Wissen und Normen zu vermitteln. An Eltern, Lehrer/innen sowie Erzieher/innen, Vorgesetzte und Beamte – an Menschen also. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Perspektive. Setzt man bei der Bildung und Erziehung an, so ist der Ansatz ein konstruktiver und beinhaltet so in sich selbst den Anspruch, etwas schon Vorhandenes und Sinnvolles zu fördern und zu entwickeln. Bildung legt den Fokus auf die dem Menschen gegebene Fähigkeit, sich seines Verstandes und seiner Vernunft, wie Kant (1803) es formuliert, und seines Gewissens zu bedienen und verhilft ihm dadurch dazu, gesellschaftlich, sozial und menschlich zu handeln. Versteht man Erziehung als Erziehung zur Bildung, so hat diese

"[...] vor allem den Zweck, in jedem Individuum (und zwar bis zur höchstmöglichen Vollendung) die für wesentlich gehaltenen Eigenschaften der menschlichen Gattung schlechthin zur Vollendung zu bringen." (Durkheim, 1997)

Konstruktiv bedeutet, „die für wesentlich gehaltenen Eigenschaften"(ebd.), also "das Gute" im Menschen zu begleiten und zu bestärken, es also gar nicht erst zu einer gesetzeswidrigen Handlung kommen zu lassen aus Überzeugung und Übereinstimmung mit den bestehenden Menschenrechten. Im Gegensatz dazu ist jenes Handeln, bei dem eine schon geschehene Überschreitung des gesetzlichen Rahmens gestoppt wird beziehungsweise Gegenmaßnahmen ergriffen werden, defizitorientiert, weil der Mensch in diesem Fall bereits gegen die Menschenrechte gehandelt oder es zumindest geplant hat und die Tat durch Ahndung nicht mehr rückgängig zu machen ist. Artikel 26 betont, wie wichtig es ist, früher anzusetzen, nämlich bei der Bildung des Einzelnen. Das bedeutet in unserer Gesellschaft, dass wir "[...] gehalten [sind], die Normen und Kompetenzen demokratischen Handelns [unseren] Bürger/innen durch eine Demokratieerziehung nahe zu bringen" (Knauer &Sturzenhecker, 2013), da wir in einer demokratischen Gesellschaft leben und demokratische Rechte als unsere Gesetze anerkennen. Es lässt sich nach Knauer und Sturzenhecker (2013) zugespitzt sagen: "Erziehung in einer demokratischen Gesellschaft ist Demokratiererziehung[.]",denn "[...] [d]er Grundstein für eine solche Erziehung wird in der "Demokratiebildung" gelegt und somit "[...] in der frühen Kindheit eröffnet" .
Wie und wozu wollen wir unsere Kinder, unsere Mitbürger/innen und uns selbst bilden? Bourdieu (1987) hat in seinen Gesellschafts- und Systemanalysen eine alte Regel wieder aufgegriffen, die besagt, "[...] dass man [...] auf die Welt nur einzuwirken vermag, wenn man sie kennt: Jeder neue Bestimmungsfaktor, der erkannt wird, eröffnet einen weiteren Freiheitsspielraum". Sich auf die Suche nach solchen "Freiheitsspielräumen" zu machen, ist ein Anliegen dieses Papers. Erziehung und Bildung können den Blick öffnen für eine solche Sichtweise, indem sie den Rahmen für das Zusammenleben von Menschen von Klein auf schaffen. In jeder

"Erziehungsinstitution [...] geschehen [...] immer auch 'politische' Bildungsprozesse durch die Art und Weise, wie das Zusammenleben in der 'Polis' der kleinen öffentlichen Gemeinschaft[...] organisiert wird und wie die pädagogische Gemeinschaft der Einrichtung mit der Gesellschaft [...] vermittelt wird." (Knauer & Sturzenhecker, 2013)

Orte, an denen Erziehung und Bildung stattfindet, ist also immer zugleich ein Ort, der die Chance bereithält, sich "Demokratie aktiv handelnd [anzueignen]" (ebd.). Demokratisch partizipationsfähig zu sein, stellt wiederum einen wesentlichen Faktor in Hinblick auf die Umsetzung der Menschenrechte dar. Man kann also sagen, die Veranlagung, gemäß den Menschenrechten zu handeln, ist jedem Menschen gegeben. Durch lebensweltliche Umstände kann sie jedoch gehemmt oder eingeschränkt werden. Mit Hilfe von Erziehung soll eine Bildung, wie sie in Artikel 26 vorgestellt ist, begünstigt und gefördert werden, die es jedem Subjekt ermöglicht, in einem demokratischen, völkerfreundlichen Sinne (wieder) handlungsfähig zu werden. Auf welche Weise sich der Mensch Zugang zu Bildung verschaffen kann und welche Stellung sie im gesamtgesellschaftlichen System einnimmt, hat Bourdieu (2005) in seinen Abhandlungen erörtert. Er berücksichtigt dabei die vielen verborgenen Strukturen von "Vererbung" und Aneignung von Bildung, indem er drei Kapitalarten als bestimmende Faktoren in seine Analysen miteinbezieht: Ökonomisches Kapital (Geld), kulturelles Kapital (Schultitel etc.) und soziales Kapital (Beziehungen etc.). Sie bestimmen das Sein und Werden des Menschen in unserer heutigen (europäischen) Gesellschaft. Zwar schreibt Bourdieu nicht in Hinblick darauf, wie systemimmanente Gesellschaftsstrukturen Diskriminierung oder Partizipation hervorbringen, begünstigen oder verhindern, jedoch kann man sein Modell der Kapitalakkumulation (ebd.) auch auf unser Anliegen ausweiten und anwenden. Zuerst einmal geht es darum, sich seines sogenannten "Habitus" und der damit verbundenen Grenzen bewusst zu werden. So schreibt Bourdieu (1987) der Habitus sei "[...] ein System von Grenzen" (im Denken). Durch Bewusstwerdung dieser Grenzen sind wir ihnen aber sozusagen schon ein Stück voraus und können zumindest über unsere Grenzen hinweg denken, denn "[w]as 'Distinktion' ist, was 'Unterschied' ist, läßt sich [...] immer nur relativ sagen, in Beziehung zu anderem" (ebd.). Um "dem Anderen" zu begegnen, müssen wir uns unserer eigenen Welt und den Unterschieden zum Anderen bewusst werden. Es kann dabei nicht darum gehen, Unterschiede schlicht aufzuheben und unbenannt zu lassen, denn das würde der Sache nicht gerecht werden. Ein Beispiel aus der Politik zeigt, wie wichtig es ist, diese psychologische Komponente des noch Fremden mit "ins Boot zu holen". Das kann an dieser Stelle fast wörtlich verstanden werden, da als Beispiel die Ausbildung einiger Frontex-Grenzschützer/innen dient. Jene Abgesandten der verschiedenen europäischen Länder, die ihren Einsatz an den europäischen Außengrenzen bald vor sich haben, wurden von einem jungen Mann unterrichtet, der sich vor 13 Jahren selbst auf die Flucht von Eritrea nach Europa machte. Zekarias Kebreab wurde dazu eingeladen, den Bundespolizisten die Sichtweise "der anderen Seite" zu erzählen, die der Menschen, denen sie an Zäunen und in Lagern gegenübertreten werden. Die Psychologie dahinter ist simpel: Kontaktaufbau, um sich in die Lage des Gegenübers versetzen zu können, um ihm mit mehr Achtung zu begegnen (Moesle, 2015). Es geht den Verantwortlichen von Frontex darum, transparent zu machen, mit wem man es zu tun bekommt, so Moesle. Was Kebreab im Interview immer wieder deutlich macht, ist, wie wichtig es ist, Menschen auf der Flucht, genau wie allen anderen Menschen, mit Würde zu begegnen. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, anderen Würde und Achtung entgegen zu bringen, ist keine konstant abrufbare Funktion des Menschen, sondern muss (wieder) erlernt oder einem ins Gedächtnis zurückgerufen werden, wenn Situationen auftreten, die im Menschen das Gefühl der Angst hervorrufen. Dadurch wird das Denken statisch und einseitig, Abschottung ist die Folge sowohl auf mentaler als auch auf territorialer Ebene, wie es sich zur Zeit in den Medien verfolgen lässt. Es braucht einen Perspektivenwechsel, um diesen psychologischen Abschottungsmanövern entgegen zu steuern und sie aus dem Weg zu räumen, der, wie auch in diesem Beispiel, durch Unterricht und Bildung eröffnet werden kann. Allgemein gesehen kann uns die Situation der geflüchteten Menschen einen anderen Blickwinkel auf unsere eigene Situation privat und gesamtgesellschaftlich geben und uns dazu verhelfen, die Aneignung unseres "Habitus" zu reflektieren und über unsere eigenen nun erkannten Grenzen im Denken und Handeln hinauszuschauen. Dadurch gewinnen wir an Perspektiven und Möglichkeiten des Denkens, die den globalen Strukturen der heutigen Welt entsprechen. Aber nicht nur auf dieser allgemeinen Ebene lässt sich Bourdieus Theorie anwenden, sondern auch auf ganz praktischer Ebene - der tagtäglichen Umwelt des Menschen an seinem geografischen Standort. So stellt Bourdieu zwar fest, dass Anhänger/innen verschiedener "sozialer Klassen" in einem relativ statischen Verhältnis zueinanderstehen und sich nur selten zufällig vermischen, Menschen, die andererseits aber "[...] räumlich nah beeinander sind, in einem [...] Nachbarschaftsverhältnis [zueinanderstehen]". Das begünstige Annäherungen, denn "[...] sich persönlich näher zu kommen wird dann umso leichter sein, je näher man sich räumlich ist." (Bourdieu, 1987). Aus geopolitischer Sicht kann die Zuwanderung ein Gewinn sein, weil sie die Chance beinhaltet, dem zunehmenden demografischen Wandel, wie er im Folgenden noch näher skizziert wird, Einhalt zu gebieten. Siedeln sich geflüchtete Menschen in Deutschland an, werden sie dort, wo sie ihr neues Zuhause beziehen zu Nachbar/innen der dort lebenden Bürger/innen. Dieses "Nachbarschaftsverhältnis" (ebd.), wie es Bourdieu beschreibt, bedingt die Öffnung des zuvor gesellschaftlich determinierenden Raumes (ebd.). Das wiederum führt auf lokaler und persönlicher Ebene zum allgemeinen Perspektivenwechsel, wie oben beschrieben. Somit treten geopolitische wie soziale Chancen durch ihren Bezugspunkt, den konkreten Raum, in dem Begegnung stattfindet, miteinander in Beziehung, so wie die Menschen selbst. Zuletzt ist jener Ort, an dem ein Mensch ankommt und sein Zuhause bezieht, auch der Ort, an dem er zur Tat schreitet. Richter (2008) nennt es den "Identitätsstiftenden Moment der Arbeit, d.h. des ökonomischen Zusammenhangs der Vergesellschaftung." Der Bezug zur wirtschaftlichen Sichtweise wird deutlich unter dem Gesichtspunkt, dass "Vergesellschaftung" nicht nur soziale, sondern auch ökonomische Bedürfnisse nach sich zieht. Sesshaftwerdung verlangt nach beidem, also nach sozialen Kontakten, einem Netzwerk, das die eigene Person integriert, sowie nach wirtschaftlicher Kaufkraft, die durch das Einsetzen von Arbeitskraft erworben werden kann. Für eine gelingende Integration, das heißt, die Menschen auf eigene Füße zu stellen und ihnen somit die ihnen zustehende Freiheit zu gewähren, braucht es beide Komponenten. Erziehung und Bildung betrachten bei all diesen Entwicklungen immer das Individuum innerhalb der Gesellschaft, die es umgibt. So schreibt Durkeim (1997) über die Erziehung, dass "[...] sie vor allem das Mittel [ist], mit dem die Gesellschaft immer wieder die Bedingungen ihrer eigenen Existenz erneuert." Denn die Gesellschaft könne nur leben, wenn unter ihren Mitgliedern ein genügender Zusammenhalt besteht (ebd.). Unter diesem Gesichtspunkt scheint es unumgänglich, den Versuch zu unternehmen, einen Beitrag zu leisten, der dem Auseinanderdriften der Gesellschaft in Deutschland entgegenwirkt. Zur Zeit scheint es, als würden sich die Geister der Bürger/innen dieses Landes scheiden, wenn es um den Umgang mit dem Zustrom geflüchteter Menschen geht. Bildung ermöglicht es, sich der einseitigen Darstellung einer Situation zu entziehen und durch eine umfassendere Betrachtung der tatsächlichen Situation und ihrer Chancen, Räume der Toleranz und Freiheit zu eröffnen. Es kann nur im Sinne einer aufgeklärten, pluralen, freundlich gesinnten Gemeinschaft von Menschen sein, dieses Unternehmen so früh wie möglich konstruktiv anzugehen und die Grundfeste unserer Verfassung im Sinne einer weltoffenen, friedlichen und wertschätzenden Haltung zu bewahren und, wann immer diese in Frage aufzukommen scheint, für ihre Verwirklichung einzutreten.

3 Flucht & Migration - Potenziale ökonomischen Disparitätenausgleichs?

Wohl eine der stärksten Angstvorstellungen, die sich gegenwärtig in den Köpfen vieler ‚Flüchtlingsgegner/innen‘ abspielt, ist die der finanziellen Überbelastung der deutschen Wirtschaft und insbesondere die daraus resultierende Gefahr den 'hart erarbeiteten Wohlstand' der deutschen Bundesbürger/innen teilen zu müssen. Während auf die Herkunft und den adäquaten Umgang mit diesen und anderer Ängste, vom psychologischen Standpunkt später noch eingegangen wird, wird im Folgenden erläutert, warum der große Zustrom an Flüchtlingen jedoch - entgegen der Annahme - sogar großes Potenzial bietet, sich für die deutsche und sogar paneuropäische Wirtschaft als positiver Wachstumsfaktor zu entwickeln.
Gemäß der Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts von 2009 (Variante 1 – W1 AQ) wird die Gesamtbevölkerung in Deutschland bis 2050 um ca. 15,4% zurückgehen. Geht man hierbei von einem gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67 Jahren aus, wird ein Rückgang der Bevölkerungsquote im arbeitsfähigen Alter (20-67 Jahre) von 62,8% auf 54,1% erwartet. Folglich kommen auf 100 Personen zwischen 20 und 67 Jahren 56,3 Rentner/innen. Im Vergleich zu 20,9 Rentner/innen pro Erwerbstätigen im Jahre 2008 entspricht dies beinahe einer Verdoppelung der Rentenlast pro Arbeitskraft (Tichy, 2007).
Demgegenüber wurden bereits im bisherigen Berichtsjahr 2015 bis Oktober 331.226 eingegangene Erstanträge für Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnet, was einem Anstieg der Antragsteller/innen um 144% zum Vorjahreszeitraum entspricht. Nicht zuletzt aufgrund des stetig steigenden monatlichen Zuwachs sowie der positiven Trendentwicklung der flüchtlingsbedingten Zuwanderungsrate (BAMF, 2015) ist ein Abriss des Zustroms nicht anzunehmen. Dieser Zustrom soll auch im Folgejahr anhalten. Laut öffentlicher Daten des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg (2015) betrug das Durchschnittsalter der in den ersten sechs Monaten registrierten Erstantragssteller/innen 23,3 Jahre. Dies liegt gut 20 Jahre unterhalb des Bundesdurchschnitts. Gut ein Viertel der Flüchtlinge sind sogar noch minderjährig, ca. 50% sind zwischen 18 und 35 Jahre alt und nur ein sehr kleiner Teil befindet sich im Rentenalter. Das umlagefinanzierte Pensionsmodell, wie es in Deutschland Anwendung findet, ist ceteris paribus auf eine positive oder zumindest konstante Entwicklung in der arbeitenden Bevölkerungsschicht angewiesen, damit die Rentenversicherungsbeiträge der späteren Inanspruchnahme der Pensionsleistungen entsprechen. Insofern ist ein breiter Zustrom an jungen Menschen unter diesem Gesichtspunkt vornehmlich positiv zu bewerten, da sie die ökonomische sowie demographische Basis für Wohlfahrtssysteme stärken (vgl. Gans 2011). Prämisse, um dieses Potenzial für die Volkswirtschaft nutzbar zu machen, bleibt allerdings die Investition des Staates. Nüchtern betrachtet, entsteht mit der sozialen sowie akademischen Integration der Immigranten/innen in den Arbeitsmarkt neues 'Humankapital' der deutschen Wirtschaft. Die Humankapitaltheorie der Volkswirtschaftslehre sieht die Bildung als Ressource, die einen nicht unerheblichen gesamtwirtschaftlichen Einfluss auf das Wachstum einer Volkswirtschaft hat. In der Regel werden zur Beurteilung Kosten und Nutzen einer Beeinflussung des Bildungsstandes verglichen. Das staatliche Investitionsziel sollte dementsprechend nicht nur auf den Sprachunterricht (bspw. durch Deutschkurse an Volkshochschulen) beschränkt sein, sondern eine fachspezifische, wenn nicht sogar akademische Ausbildung der Flüchtlinge umfassen. Schließlich wird dem heimischen Arbeitsmarkt vom Institut für Deutsche Wirtschaft (IW) seit Jahren ein Defizit an Fachkräften diagnostiziert. Auch Gans sieht in Zuwanderung die Möglichkeit Engpässe auf dem Arbeitsmarkt aufzufangen (Gans 2011, 110). Selbst unter kritischer Betrachtung des durchaus schön gerechneten Rekordtiefs der Arbeitslosenquote von 6,0% im Oktober 2015 (Statistisches Bundesamt, 2015) bietet sich uns das Bild eines genesenen Arbeitsmarkts für eine gut ausgebildete junge Bevölkerung. Dr. Justina A.V. Fischer vom Department of Economics der Universität Mannheim erwägt den Vorteil, den die Flüchtlinge diesbezüglich mit sich bringen darin, dass ein/e Immigrant/in, sofern als volkswirtschaftliches Investitionsobjekt betrachtet, durchaus eine positive Rendite in Form von Steuer- sowie Sozialbeitragsabgaben verspricht. Die Investitionskosten liegen bei einem durchschnittlichen Flüchtling (22 Jahre alt) mit bereits (teilweise) abgeschlossener Ausbildung für Umschulungen, Fort-, Weiterbildungs- und Integrationsmaßnahmen sogar niedriger als bei einem in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Menschen. Grund hierfür ist die für den Staat deutlich verkürzte Ausbildungsdauer. Einem hier geborenen, dem bis zu 16 Jahre Schul- und Universitätsausbildung finanziert werden muss, stehen nur geringe Kosten für wenige Jahre Sprachkurse und Umschulungen eines zuwandernden Flüchtlings gegenüber (Fischer, 2015). Schließlich verfügen bereits 33% der zugewanderten Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren über einen Akademischen Abschluss (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, McKinsey&Company, 2015). Deshalb besteht auch auf bürokratischer Ebene Handlungsbedarf. Sowohl die Anerkennung bestehender Bildungsgrade aus ihrem Heimatland als auch die Verkürzung des Asylbewerbungsverfahren beziehungsweise der Zeit, in der die Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, sind maßgebliche Voraussetzungen für die Nutzbarmachung des einwandernden Humankapitals (Liebau & Romiti, 2014). Es gilt: Je länger der Zeitraum der ausbleibenden Eingliederung in den Arbeitsmarkt, desto schlechter das Verhältnis von Kosten zu Nutzen für den Staat und die Bevölkerung.
Immigrierende bieten allerdings nicht nur Ihre Arbeitskraft als Wachstumsfaktor, sondern, gemäß des Keynesianismus – die wohl wichtigste Größe der Volkswirtschaft – die Nachfrage. Fischer (2015) weist darauf hin, dass in der kurzen Frist zwar mit einem erheblichen Anstieg der Staatsausgaben zu rechnen sei, die Ausgaben jedoch in den heimischen Wirtschaftskreislauf zurückfließen würden, da während des Integrationsprozesses und darüber hinaus die gesamtwirtschaftliche Nachfrage der Inländer/innen durch die unmittelbar zunehmende Bevölkerung bedient werde. Mehr Zugewanderte erhöhen sowohl den privaten Konsum als auch das private Investitionsvolumen. Dies sind die essenziellen Bestandteile des volkswirtschaftlichen Outputs. Während der Mindestkonsum zu Beginn der Integration zwar noch über Staatsausgaben finanziert werden würde (keynesianisches Konjunkturprogramm), käme es nach erfolgreicher Eingliederung zu einem starken Anstieg des marginalen Konsums, was insbesondere daraus resultiere, dass entgegen der beinahe ‚gesättigten‘ einheimischen Bevölkerung die Flüchtlinge nahezu keinen privaten Besitz oder Eigentum mit in ihre neue Heimat bringen und daher im Prinzip alles neu erwerben müssten. Dies generiert einen Zuwachs der Nachfrage pro Immigrierenden, der deutlich über der durchschnittlichen Güter- und Dienstleistungsnachfrage einheimischer Bürger/innen liegt. Vereinfacht ausgedrückt, führt eine erfolgreiche Integration langfristig zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Um den anfänglichen Ängsten konstruktiv entgegenzuwirken und Verteilungskonflikte mit Einheimischen zu vermeiden, sollte zur Finanzierung der initialen Investitionskosten von Budgetkürzungen oder Kostenumwälzung auf Länder und Kommunen abgesehen werden. Schließlich rechtfertigen die positiven Renditen sogar eine Abkehr vom zurzeit verfolgten Plan des ausgeglichenen Staatshaushaltes (Fischer, 2015).

4 Zuwanderung als Chance für die nachhaltige Raumentwicklung

Ein weiteres Feld, das durch den demografischen Wandel beeinflusst wird, ist die nachhaltige Raumentwicklung. Die Konzepte und Projekte der nachhaltigen Siedlungsentwicklung stehen durch diesen auf dem Prüfstand. Problematisch ist das hohe Beharrungsvermögen, das gebaute Strukturen besitzen, da Siedlungen oder die Infrastruktur nicht mit schrumpfen und sich nur schwer an veränderte Ansprüche anpassen können. Besonders in Ostdeutschland drohen - verstärkt durch Abwanderungen - Überkapazitäten in Hinblick auf den Infrastrukturbestand, die erheblichen Kostendruck erzeugen. Mithilfe der Migranten/innen könnten - zumindest in Teilen - Leerstand, Umbau, Abrisse sowie Neubau vermieden werden (Kilper & Müller, 2005, S. 38). Der Ökonom Harald Simons fordert daher in einem SPIEGEL-Interview, Flüchtlinge gezielt auf dem Land anzusiedeln (SPIEGEL 44, 2015). Ein weiteres Kernelement der nachhaltigen Raumentwicklung ist eine umweltschonende Mobilität. Hier steht die Finanzierung des Streckennetzes auf dem Prüfstand, da eine geringere Auslastung als Folge einer abnehmenden Bevölkerungszahl die ökonomische Rentabilität gefährdet. Insbesondere in peripheren Gebieten ist mit einer geringeren Auslastung von Verkehrsinfrastrukturen zu rechnen. Ein Rückbau des öffentlichen Personenverkehrs aus Kostengründen gefährdet die nachhaltige Mobilität. Zudem wird es schwierig bei einem Bevölkerungsrückgang, die Ver- und Entsorgungssysteme aufrechtzuerhalten. Dieses ist ein technisches sowie ein finanzielles Problem, da durch den Rückgang der Nachfrage an die Wasser- und Fernwärmeversorgung sowie die Abwasserentsorgung die Pro-Kopf-Kosten steigen (Kilper & Müller, 2005).
Eine erfolgreiche Integration von Migranten/innen kann bei der Bekämpfung der eben genannten Probleme als Chance wahrgenommen werden, um die Ziele einer nachhaltigen Raumentwicklung nicht zu gefährden. Auch für Städte bringt Zuwanderung vielerlei Vorteile mit sich. Menschen mit Migrationshintergrund können zur ökonomischen und sozialen Entwicklung von Städten und Regionen beitragen. Neben den direkten ökonomischen Beiträgen zur regionalen Wertschöpfungskette wirken Menschen mit Migrationshintergrund für die Stadt oder Regionquartiersbelebend und imagebildend. In deutschen Großstädten sind es oftmals die kleinen Dienstleistungsunternehmen von Menschen mit Migrationshintergrund, die die Nahversorgung und eine gewisse nachbarschaftliche Kohäsion aufrechterhalten. Darüber hinaus wirkt eine ethno-kulturelle Vielfalt auch imagebildend für Städte und Metropolregionenin Bezug auf Marketingstrategien. Im angloamerikanischen Raum sind Stadtviertel wie Little Italies oder Chinatowns schon lange touristische Attraktionen (Nuissl & Schmiz, 2015).

5 Psychologie - Gegenseitiges Verständnis meint nicht nur die Sprachbarriere

Sowohl die Wirtschaftswissenschaft als auch die Geowissenschaft konnten eindrucksvoll anhand von Daten, Fakten und Beispielen aus anderen Nationen wie den USA, in denen es schon lange Little Italies oder Chinatowns gibt, demonstrieren, wie sich Potenziale, Eigenheiten und Werte anderer Kulturen innerhalb der eigenen Kultur etablieren und zu einem wertvollen neuen Kulturgut avancieren können. Man koexistiert und interagiert, ohne einander zu stören oder sich voneinander bedroht zu fühlen. Bildung wird hierbei sowohl aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive als auch seitens der Wirtschaftswissenschaft betont, was aus psychologischer Perspektive hinsichtlich notwendiger Schritte ebenfalls wieder aufgegriffen wird, um Vorurteile und Ängste zu reduzieren und Vertrauen aufzubauen. Es geht uns jedoch nicht darum, aus psychologischer Perspektive pragmatische und notwendige Lösungen für ein „Übel“ herauszuarbeiten und anzubieten. Wir sprechen uns im Folgenden explizit für Chancen aus, die sich ergeben, wenn wir uns aus Überzeugung für ein nachhaltiges Zusammenleben mit geflüchteten Menschen und somit mit Menschen aus anderen Kulturen engagieren. Wir sehen darin eine Bereicherung unserer eigenen Kultur. Tatsächlich befinden wir uns jetzt schon täglich in einem kulturellen Austausch mit den Kulturen der Welt. Sei es, dass wir thailändisch oder türkisch Essen gehen, Gewürze und Kleidung aus anderen Ländern konsumieren oder darauf angewiesen sind, dass die ganze Welt unsere Konsumgüter kauft, damit unsere Wirtschaft so florieren kann. Ein Großteil der Deutschen wird diese kulturelle Vielfalt im Alltag wahrscheinlich jetzt schon als große Bereicherung und Erhöhung der Lebensqualität empfinden und vor allem nutzen. Aus diesem Grund sollten zunächst einmal die Einstellungen gegenüber geflüchteten Menschen und Ausländer/innen grundlegend überdacht und geändert werden. Thomas (2007) spricht sich in genau diesem Zusammenhang dafür aus, dass wir unsere Duldungs- und Mitleidskultur ablegen müssen und stattdessen eine Wertschätzungskultur aufbauen sollten. Diese Forderung nach Wertschätzung ist nicht neu, sondern wurzelt schon in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, denen wir, wie durch die Erziehungswissenschaft zuvor beschrieben, unterstehen und die uns zu Pflichten werden, indem wir sie in der „Gemeinschaft der Menschen“ den anderen Mitgliedern gegenüber achten und wahren. Bisher wollen wir, dass sich Migrant/innen „[...] schnell, geräuschlos und möglichst kostenlos in die existierende deutsche Kultur einfügen, dass sie brauchbare, nützliche, möglichst anspruchslose und unauffällige Bewohner des Landes werden, die niemanden stören und keinem zur Last fallen.“ (Thomas, 2007) Wir dulden auch, dass geflüchtete Menschen am Anfang nicht viel haben und helfen mitleidig nach den Motiven der christlichen Nächstenliebe, anstatt den Geflüchteten aus neuen Kulturen mit der gleichen Neugierde und Entdeckungslust zu begegnen, wie wir ihre Tänze bestaunen oder ihre Länder selbst bereisen und entdecken. Es existiert gegenwärtig sogar in breiten Bevölkerungsschichten nicht das Bewusstsein dafür, dass türkische Gastarbeiter einen großen Anteil daran haben, dass wir in Deutschland diesen Wohlstand genießen (Thomas, 2007), den wir nun so ungern teilen möchten. Die jüngsten Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sind Ausdruck von Ängsten und Unwissenheit gegenüber Fremden und dem Fremden, Ängste davor, dass die eigene Kultur durch die Fremde stirbt, die Ausländer den Deutschen finanziell zur Last fallen, kriminell werden oder ihnen später die Arbeitsplätze wegnehmen. Menschen, die entweder ignorant gegenüber geflüchteten Menschen oder Ausländer/innen per se sind oder diese aktiv diskriminieren, also sozial ablehnen, produzieren in der Konsequenz durch ihr eigenes Handeln das, was sie am meisten fürchten. Geflüchtete Menschen durchleben parallel zur Integration auch Akkulturation, also einen Entwicklungsprozess, in dem das Individuum ein Gefühl der Zugehörigkeit entwickeln möchte sowie ein Gefühl, erfolgreich zu sein sowohl in seiner ethnischen Minderheit als auch in der großen Mehrheit der neuen Kultur. Diskriminierung und durchlebte Krisen die eigene ethnische Identität betreffend, stellen Risikofaktoren dar für die Entstehung psychischer Störungen (Oppedal, 2008, 2005) und fördern darüber hinaus delinquentes Verhalten, wenn zusätzlich noch soziale Unterstützung und Zugang zu finanziellen Mitteln fehlen (Schmitt-Rodermund, & Silbereisen, 2008). Diskriminierung als Form sozialer Ablehnung rührt dabei an eines der Grundbedürfnisse des Menschen: dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Wird dieses Bedürfnis in Folge sozialer Ablehnung dauerhaft nicht befriedigt, hat das für die Betroffenen negative Konsequenzen auf emotionaler, körperlicher sowie auf psychischer Ebene, führt zu niedrigerem Selbstwert und dem Gefühl, die Kontrolle zu verlieren (Baumeister, & Leary , 1995). Gleichzeitig motiviert es aber das Individuum zu Verhalten, dieses Bedürfnis zu befriedigen, was allerdings auch auf aggressive Weise geschehen kann, je nachdem, welche Strategien dem Individuum zur Bewältigung dieser Situation zur Verfügung stehen und welcher Gruppe es sich letztlich anschließen kann (Smart Richman, & Leary, 2009), was in zahlreichen Studien zu Folgen von und dem Umgang mit sozialer Ablehnung gezeigt werden konnte. Diese Umstände machen deutlich, wie wichtig soziale Unterstützung im Umkehrschluss für ein nachhaltiges Zusammenleben ist. Damit ist Unterstützung durch Familie, Peers, Kolleg/innen, Mitschüler/innen, Freund/innen und die Gemeinden generell gemeint. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, dass ausländische Menschen sich in Schule und Beruf erfolgreich entwickeln können, um sich integrieren und letztlich ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln zu können sowie auf Dauer wirtschaftlich unabhängig sein zu können. Wenn auch die Gründe für fremdenfeindliches Verhalten vielfältig sind, ist Menschen inhärent, jene Menschen, die so sind wie sie selbst, zu mögen und sie an sich heran zu lassen, aber sie andernfalls eher abzulehnen. Diese Tendenz zeigte sich bereits in Studien zur sozialen Kognition bei 12 Monate alten Kindern, die aktiv soziale Interaktionspartner/innen bevorzugten, die sich wie sie selbst verhielten, und lächelten sie an im Gegensatz zu den Personen, die sich anders verhielten (Meltzoff, 2007). Thomas (2007) wirft daher zu Recht die „These von der psychischen Nähe und Ferne“ auf. Wenn eine Ausländerin bzw. ein Ausländer sich bereits sehr „deutsch“ oder den eigenen kulturellen Normen entsprechend verhält und somit dem eigenen Verhalten sehr ähnelt, wird sie/er nicht massiv abgelehnt, sondern vielmehr als „untypische/r Ausländer/in“ wahrgenommen und etikettiert, selbst von Menschen, die im Grunde nicht ausländer/innenfeindlich sind, aber bei zu viel Fremdheit dazu tendieren. Dieses aversive Verhalten resultiert daraus, dass diese Menschen sich nicht mit den Sitten und Gebräuchen anderer Kulturen vertraut machen und wahrscheinlich noch nicht einmal ausreichend über die eigenen Bescheid wissen. Es lassen sich Ängste und Vorurteile auf Seiten des Aufnahmlandes und auf Seiten der Immigrierenden dadurch abbauen, dass auf beiden Seiten Wissensaustausch, Begegnungen und Kommunikation stattfinden. Eine erfolgreiche Integration ist somit ein wechselseitiger Prozess im Gegensatz zu einer einseitigen Anpassung der Immigrierenden, der häufig gefordert wird und möglichst unauffällig stattfinden soll (Thomas, 2007). Um Integration zu bewerkstelligen, ist interkulturelle Kompetenz notwendig. Interkulturelle Kompetenz meint die „Fähigkeit, die kulturelle Bedingtheit der Wahrnehmung, des Urteilens, des Empfindens und des Handelns bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen.“ (Thomas, 2007). Die Fähigkeit, sich ein Bild von der Denkweise anderer zu machen und sich in sie hinein zu versetzen, um Handlungen zu verstehen, konnte bereits bei Kleinkindern durch gezieltes Training hervorgerufen und gezeigt werden (Meltzoff, 2008). Demnach liegt es nahe, durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit sowie Trainings in sämtlichen Bildungseinrichtungen, in Unternehmen und Vereinen die Fähigkeit der interkulturellen Kompetenz zu vermitteln beziehungsweise zu stärken, sofern die Bereitschaft dazu durch die genannten psychologischen Befunde geweckt werden kann. Die Medien können bei dieser Aufgabe äußerst nützliche Unterstützer sein.

6 Fazit

Diese vier Perspektiven zeigen, dass sich durch die Flüchtlingsbewegung zahlreiche positive und nutzbare Potenziale für Deutschland ergeben, aber auch, dass im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung des Zusammenlebens viele zeitnahe Maßnahmen nötig sind, die nicht nur auf eine kurzzeitige Verbesserung der Situation abzielen, sondern auch zukünftige Generationen im Blick haben. Folgende Fakten bestehen: Erstens sind viele Menschen aus Kriegsgebieten und aufgrund einer wirtschaftlich und/oder politisch prekären Lage nach Deutschland geflüchtet und sind jetzt da. Zweitens werden diese Menschen hier zu großen Teilen bleiben - für unbestimmte Zeit. Das heißt, dass Deutschland und seine Bürger/innen mit dieser Situation umgehen lernen müssen – politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich, aber vor allem menschlich und konstruktiv. Diesen Fakten kann sich in Deutschland niemand mehr entziehen. So groß die Gegenwehr mancher Gruppierungen und Personen auch sein mag, wir alle kommen um Integration und Lösungen für ein zukünftiges Zusammenleben mit den Neuankömmlingen nicht herum. Eine vielschichtige und differenzierte Berichterstattung, die auch langfristige Entwicklungen und Potenziale mit berücksichtigt, ist wünschenswert. Wir möchten mit diesem Paper einen Beitrag dazu leisten.

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