Deutschland als Europameister des Verpackungsmülls

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Daniela Ahrends, Mara Ehlers, Janina Harms, Julia Jankowski, Lina Kerstan, Lennart Mantze & Marc Stuart-Fairweather

cc-by-sa| 03-2016

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

In Deutschland fallen pro Jahr 213 kg Verpackungsmüll pro EinwohnerIn an (Bundesumweltministerium, 2013, S.2f.). Einen bedeutenden Anteil daran hat der Online-Handel. Hier versagt der Markt in ökologischer Hinsicht. Weder VerkäuferInnen noch KäuferInnen berücksichtigen die Auswirkungen auf die Umwelt. Dadurch treten unterschiedliche ökologische Probleme auf, z.B. erhöhter CO2-Ausstoß. Im Folgenden werden Lösungsstrategien aufgezeigt, die durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit entstanden sind und die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nutzen können, um die Umweltgefährdung einzudämmen. Dazu gehört zum Beispiel die Umstellung auf ökologische Verpackungsmaterialien, Stärkung von umweltfreundlichem Verhalten in der Bevölkerung (z.B. durch Aufklärungskampagnen und Förderung des Verantwortungsgefühls) und Vermittlung von Nachhaltigkeit in der frühen Kindheit.

Schlüsselwörter

Verpackungsmüll; Nachhaltigkeit; Umweltgefährdung; Verhalten

1 Problemstellung

Deutschland hat gewonnen. Nach einer aktuellen Studie des Bundesumweltministeriums produzieren die Deutschen EU-weit den meisten Verpackungsmüll. Pro EinwohnerIn sind es inzwischen 213 kg im Jahr. Zum Vergleich: 2003 waren es noch 188 kg. Den weitaus größten Anteil daran haben die Papier- und Kartonverpackungen, gefolgt von den Kunststoffverpackungen. Der Hauptgrund hierfür ist die Zunahme des Verzehrs von Nahrungsmitteln außer Haus. Doch machen diese Verpackungsmaterialien mittlerweile nur noch einen Teil des Verpackungsberges aus (Bundesumweltministerium, 2013, S. 2 f.). Bisher noch relativ unbeachtet, ist die steigende Anzahl an Deutschen, die immer mehr online bestellen und damit einen entscheidenden Anteil dazu beitragen, dass Deutschland den ersten Platz beim Produzieren von Verpackungsmüll belegt. Eine Studie des IFH Instituts für Handelsforschung (2014, S. 1) zeigt, dass der B2C-Online-Handel, also der Handel mit EndverbraucherInnen, im Jahr 2014 in Deutschland nach Schätzungen 43 Milliarden Euro umgesetzt und damit ein neues Rekord-Hoch erreicht hat. Jeder zehnte Euro wird damit im Online-Handel ausgegeben. Eine Befragung der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. (2015, S. 10) stützt diese Daten: 70,1 % der Deutschen ab dem 14. Lebensjahr nutzen das Internet vornehmlich für den Online-Einkauf. Das Ziel dieser interdisziplinären Arbeit ist es, ein Bewusstsein für die Umweltbelastung durch Onlinebestellungen zu schaffen und sich am Ende die Frage zu stellen: Was können Gesellschaft, Wirtschaft und Politik unternehmen, um mit dem steigenden Verpackungsmüll aus Online-Bestellungen nachhaltig umzugehen, beziehungsweise ihn zu reduzieren? Die Arbeit beschränkt sich dabei in ihrer Analyse ausschließlich auf die Problematik der Umweltbelastung durch den steigenden Verpackungsmüll durch Online-Bestellungen im B2C-Bereich in Deutschland. Die Belastung der Umwelt durch den Transport online bestellter Ware, die Belastung durch die Bestellungen im B2B-Bereich (also der Handel mit Unternehmen) oder durch die Entstehung von Verpackungsmüll in anderen Bereichen werden nicht mit eingeschlossen, da die Inklusion dieser Themen zu weit ausgreifen würde. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist Umweltverschmutzung durch die zunehmenden Onlinebestellungen eine Form des Marktversagens. Auf dem zu betrachtenden Markt bieten Unternehmen ihre Produkte online an, und KonsumentInnen fragen sie nach, viel mehr bestellen sie online. In ihrem Handeln berücksichtigen weder VerkäuferInnen noch KäuferInnen mögliche Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte - in diesem Fall auf die deutsche Gesellschaft - und es kommt zu einem negativen externen Effekt: der Umweltverschmutzung durch zu viel Verpackungsmüll (Mankiw & Taylor, 2008, S.229 ff.). Zunehmender Verpackungsmüll führt zu einer erhöhten Müllverbrennung, die steigende CO2-Werte verursacht. Diese wiederum führt zu einer Zunahme von Treibhausgasen, die eine Erderwärmung zur Folge hat (Mauschitz, 2009, S. 1). Sonnenstrahlung, die auf die Erde trifft, wird in Form von Infrarotstrahlung wieder von der Erde abgegeben. Sogenannte Treibhausgase wandeln diese Infrarotstrahlung in Wärme um. Je mehr CO2-Gase sich in der Luft befinden, desto mehr Wärme entsteht. Allgemein wird dieser Vorgang als Treibhauseffekt bezeichnet (Gönke & Franck, 2015). Durch die erhöhten CO2- Werte entsteht mehr Wärme auf der Erde. Die Folge: Eismassen, die sich auf der Nordhalbkugel abgelagert haben, schmelzen. Dies hat verschiedene Konsequenzen. Es fördert den Anstieg des Meeresspiegels und führt beispielsweise zu Überschwemmungen an Deutschlands Küsten..

Des Weiteren beeinflusst das erhöhte Verpackungsaufkommen, insbesondere Plastik, die Gewässer. Die kleinen Plastikpartikel der Verpackungen, die sich durch Regen und andere Faktoren lösen, gelangen nach einer gewissen Zeit immer tiefer in die Erde bis ins Grundwasser (Bogner & Boote, 2009). Diese Plastikkomponenten sind gesundheitsschädlich für Tier und Mensch: Plankton, Fische und Seevögel nehmen die Partikel mit der Nahrung auf und verenden daran. Der Mensch nimmt die krebserregenden Plastikpartikel beispielsweise beim Genuss von Fisch auf (Aktion Umwelt, 2012). Giftige Plastikpartikel gelangen nicht nur ins Grundwasser, sondern auch in die Erde. Dort lagern sie sich so tief ein, dass sie von Bäumen und Pflanzen aufgenommen werden. Dadurch werden Filterfunktionen sowie die Umwandlung von CO2 zu Sauerstoff abgeschwächt oder sogar gänzlich unterbrochen. Dies führt wiederum zu einem erhöhten CO2-Wert in der Atmosphäre (Aktion Umwelt, 2012). Da beide Marktteilnehmer in ihrem Handel die Folgen der Umweltverschmutzung, also des negativen externen Effekts, nicht berücksichtigen, kann der Markt sich nicht in einem Gleichgewicht einfinden, das effizient ist, und die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt der Gesellschaft wird nicht maximiert. In dieser Seminararbeit geht es darum, diese negativen externen Effekte zu verringern und die da-raus resultierenden gesellschaftlichen Kosten zu senken. Dabei ist die AutorInnen-Gruppe, bestehend aus VertreterInnen der Volkswirtschaften, Geowissenschaften, Psychologie und Erziehungswissenschaften wie folgt vorgegangen: In der Gruppe wurde das Thema, der Rahmen sowie die unterschiedlichen Lösungsstrategien erarbeitet. Jeder für sich hat begleitend, in seiner fachspezifischen Richtung, sich Wissen angeeignet, das diesen Lösungsstrategien dienlich ist. Durch diese gemeinsame interdisziplinäre Zusammenarbeit ist die Seminararbeit so strukturiert, dass sie jede/n mögliche/n Akteur/in, die/der dazu beitragen kann, das Problem zu lösen, anspricht: Aus geowissenschaftlicher Perspektive wird auf der Angebotsseite aufgezeigt, wie Firmen alternative Verpackungsmaterialien verwenden können, damit entstandener Verpackungsmüll besser recycelt werden kann. Um die Nachfrageseite zu motivieren, umweltbewusster zu handeln, zeigt die Psychologie verschiedene Strategien zur Verhaltensveränderung auf, während die Erziehungswissenschaft darlegt, wie bereits in jungen Jahren ein Bewusstsein für die Umweltbelastung durch Online-Bestellungen geschaffen werden kann. Wenn die MarktteilnehmerInnen es aber selbst nicht schaffen, jeweils ökologischer zu handeln, hat der Staat mehrere Möglichkeiten einzugreifen. Er kann durch Maßnahmen in Form von Gesetzen, also z.B. durch Verbote oder Gebote, das Verhalten der MarktteilnehmerInnen direkt beeinflussen. Oder er schafft mit marktbasierten Maßnahmen Anreize, um die Marktteilnehmer zu motivieren, das Problem selbst zu lösen (Mankiw & Taylor, 2008, S. 240). Im „Fazit und Ausblick“ finden sich alle Disziplinen zusammen, um Lösungsansätze für den Staat, die Gesellschaft und die Wirtschaft zu geben.

2 Interdisziplinärer Hintergrund

2.1 Umweltfreundliche Verpackungsmaterialien

Bei der Behandlung des Problems des Verpackungsmülls muss unweigerlich eine genauere Betrachtung des Verpackungsmaterials erfolgen. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, macht neben Papier und Karton Kunststoff den Hauptteil des deutschen Verpackungsmülls aus (Bundesumweltministerium, 2013, S. 2 f.). Gerade beim Kunststoff stellt sich jedoch die Frage, ob es für dieses Material keine Alternativen gibt, um das Problem des Verpackungsmülls zu verringern. Plastik weist eine hohe Lebensdauer auf und wird dennoch oft für Produkte mit einer kurzen Gebrauchsphase genutzt. Im Bereich der Verpackungen werden insbesondere Umreifungsbänder aus Polypropylen zum Zusammenhalten von Paketen und Polystyrolschaum, besser bekannt als Styropor, genutzt (Timrott, 2015, S. 13 ff.). Diese synthetischen Kunststoffe basieren auf fossilen Ressourcen und werden im Vergleich zu Biokunststoffen wesentlich öfter eingesetzt (Beier, 2009, S. 3 ff.). Biokunststoffe stellen eine umweltfreundlichere Variante dar. Obwohl der Begriff „Biokunststoff“ noch nicht eindeutig definiert ist, steht im allgemeinen Sprachgebrauch die Vorsilbe „bio“ im Zusammenhang mit Kunststoff für zwei Eigenschaften. Unter biobasierten Kunststoffen versteht man solche, die vollständig oder zu Teilen aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden. Des Weiteren haben Biokunststoffe die Eigenschaft, dass sie biologisch abbaubar sind. Das bedeutet, dass das Material sich innerhalb eines vorgeschriebenen Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtigkeitsrahmens in einer bestimmten Zeitspanne und mit Hilfe von Mikroorganismen oder Pilzen zu über 90 Prozent abgebaut haben muss (Beier, 2009). Anhand der vorangegangenen Informationen ist erkennbar, dass Alternativen zu unserem herkömmlichen Plastik vorhanden sind und dass mit gezielter Investition in diesen Bereich das Problem des Recycelns von Verpackungsmüll gelöst werden kann.

2.2 Förderung von nachhaltigem Verhalten

Neben dem Ansatz, nachhaltigere Materialien zu finden, ist es wichtig, auch beim KonsumentInnen selbst nachhaltiges Verhalten zu verstärken. Dabei stellt sich zuerst die Frage, warum sich einige Menschen ökologisch verhalten und warum andere nicht. Eine naheliegende Annahme wäre, dass unter-schiedliche Einstellungen gegenüber der Umwelt den Verhaltensunterschieden zugrunde liegen. Das heißt, dass Menschen, denen die Umwelt wichtig ist, ökologischer handeln als solche, denen sie nicht wichtig ist. Genau dies zeigt Thapa (1999): Eine technozentrische Einstellung (die Einstellung bzw. Überzeugung, dass der technologische Fortschritt ökologische Katastrophen verhindern wird) beispielsweise korreliert negativ mit ökologischem Verhalten (r = -.34, p = .01, zweiseitig). Eine Strategie, um ökologisches Verhalten zu verstärken, wäre also, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der technologische Fortschritt allein nicht in der Lage ist, Umweltschäden, wie zum Beispiel der zunehmende Verpackungsmüll, zu verhindern, sondern dass jede/r Einzelne sein Verhalten ändern muss. Die gefundenen Zusammenhänge zwischen Einstellung und ökologischem Verhalten sind allerdings gering (Thapa, 1999). Das bedeutet, dass Einstellungen nur einen schwachen Einfluss auf das Verhalten haben. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass es sich bei bestimmten Verhaltensweisen um Gewohnheiten handelt. Gewohnheiten sind Handlungen, die mit minimal kognitivem Aufwand und ohne bewusste Entscheidung durchgeführt werden, also automatisch ablaufen (Jager, 2003). Das bedeutet auch, dass sie von kognitiven Faktoren, wie Einstellungen, nicht beeinflusst werden. Ein Beispiel wäre, beim Online-Kauf automatisch die günstigste Versandart zu wählen (nicht einen teureren ökologischen Versand). Das Problem ist, dass Gewohnheiten nur schwer durch neue Informationen (z.B. über das Aus-maß an Umweltschäden durch ökologische bedenkliche Verpackungsmaterialien) verändert werden können, es sei denn, dass diese Informationen in dem Moment vermittelt werden, in dem die Gewohnheit ausgeführt wird (Jager, 2003, S. 9). Folglich wäre zum Beispiel eine generelle Informationskampagne über die Folgen von Verpackungsmüll nicht so wirksam, wie ein kurzes Video mit denselben Informationen, das aber direkt vor der Versandwahl beim Online-Kauf präsentiert wird. Die effektivste Methode, eine Gewohnheit zu ändern, ist, das Verhalten unmöglich zu machen (also z.B. nur ökologische Versandarten anzubieten). Jede Lösung sollte das parallele Aufzeigen alternativen Verhaltens beinhalten: Es sollte nicht nur deutlich gemacht werden, dass ökologisch bedenkliche Verpackungen umweltschädlich sind, sondern man sollte gleichzeitig auch einen ökologischen Versand anbieten. Aber nicht nur Gewohnheiten beeinflussen das ökologische Verhalten der Gesellschaft. Kaiser et al. (1999) zeigen, dass ökologisches Verhalten von drei Faktoren beeinflusst wird: ökologische Werte (Wertschätzung der Umwelt), ökologisches Wissen (Wissen über ökologische Zusammenhänge) und das Verantwortungsgefühl gegenüber der Umwelt (Überzeugung von eigenem Einfluss auf Umwelt und Umweltverschmutzung). Besonders die Faktoren Wissen und Verantwortungsgefühl bieten gute Ansatzpunkte, um ökologisches Verhalten zu verstärken. Eine Studie von Heiskanen und Pantzar (1997) belegt, dass KonsumentInnenn insgesamt wenig über die Zusammenhänge zwischen Konsumverhalten und Umweltdegeneration wissen. Dieselbe Studie zeigt auch, dass die Hälfte der KonsumentInnen glaubt, dass ihr Handeln keinen Einfluss auf die gesamte ökologische Situation hat. Die Mehrheit der KonsumentInnen (72%) fühlt sich vom Marketing sogar manipuliert und fehlleitend beeinflusst (Pereira Heath & Chatzidakis, 2011). In beiden Fällen wäre also eine Kampagne sinnvoll, die einerseits ökologisches Wissen vermittelt und andererseits den Einfluss des Einzelnen deutlich macht. Ein entscheidendes Problem ist, dass umweltbewusstes Handeln als optional angesehen wird (Connolly & Prothero, 2003). Staatliche Regeln könnten erreichen, dass ökologisches Verhalten zur Pflicht wird. Welche Strategien zur Verhaltensveränderung erfolgreich sind, hängt sehr stark von dem Verhalten ab, das es zu ändern gilt (Schultz, 2013). Schultz (2013) postuliert, dass die Strategiewahl von der Größe der Hindernisse und vom Nutzen des Verhaltens abhängt. Im Beispiel der Wahl des etwas teureren Öko-Versands (statt des Standard-Versands) wäre ein (eher kleiner) Nutzen, dass der/die KonsumentInnen das positive Gefühl hat, etwas Gutes getan zu haben. Ein (ebenfalls eher kleines) Hindernis wäre der höhere Preis (beispielsweise 1 ! bis 2 !).

Die Vierfeldertafel (Abbildung 1) zeigt, dass bei kleinen Hindernissen und geringem Nutzen Strategien wie soziale Modelle oder soziale Normen wirksam sind. Eine Möglichkeit wäre also, vor der Wahl der Versandart ein kurzes Video zu zeigen, aus dem hervorgeht, dass viele Menschen den Öko-Versand nutzen und diesen wichtig finden (er also der sozialen Norm entspricht). Abbildung 1: Strategien zur Verhaltensänderung in Abhängigkeit von Hindernissen und Nutzen (in Anlehnung an Schultz (2013), S. 110)

2.3 Lernen durch Vorbilder

Ein weiterer wirksamerer Ansatz ist es, dem Menschen schon in frühen Jahren beizubringen, sich öko-logisch zu verhalten, sodass sich ökologisch bedenkliche Verhaltensweisen gar nicht erst etablieren können. Ein etablierter Ansatz, gewisse Verhaltensweisen Kindern beizubringen, ist das folgende Modell nach Banduras (1977): Bei seinem „Lernen am Modell“ liegt ein sozial kognitiver Lernprozess vor, der dazu führt, dass eine Person durch die Beobachtung einer anderen Person neue Verhaltensweisen annehmen oder schon bestehende Verhaltensweisen verändern kann. Vorbilder können dabei zum Beispiel die Eltern oder LehrerInnen sein, aber auch Personen in einem Buch oder Film (Boeree, 2006). Wie wichtig dieses Lernen am Modell auch für das Umweltbewusstsein ist, zeigen Schuhmann-Hengsteler et al. (1996) in einer Studie zum Umweltbewusstsein und dem ökologischen Handeln bei Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren. Zuerst wurde in der Studie erfasst, über welches Umwelt-wissen die Kinder verfügen. Themenschwerpunkte der Studie waren Recyclingprodukte, Müllvermeidung, Einweg/Mehrwegverpackungen und Mülltrennung (Schuhmann-Hengsteler et al., 1996, S. 315). Die Kinder sollten bestimmen, welche der vorgestellten Verhaltensweisen die ökologischere ist und ihre Antworten begründen. So wurde der Wissensstand der Kinder getestet. Um das Verhalten zu erfassen, wurden die Kinder sowohl in reale als auch in simulierte Situationen gebracht, in denen sie sich zwischen zwei Handlungsmöglichkeiten entscheiden sollten. Somit wurde festgestellt, ob die Kinder sich entsprechend ihres Umweltwissens entscheiden (Schuhmann-Hengsteler et al., 1996, S.316-319). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „vor allem Erfahrungen mit alltäglichen häuslichen Verhaltensweisen eine große Rolle für das Umweltbewusstsein von Kindern, speziell den jüngeren Kindern, spielen“ (Schuhmann-Hengsteler et al., 1996, S. 324). Diese Erfahrungen sind besonders bei den jüngeren Kindern (VorschülerInnen und ErstklässlerInnen) eine Voraussetzung für das Verständnis von ökologischen Zusammenhängen und Verhalten (Schuhmann-Hengsteler et. al., 1996, S. 324). Die Kinder müssen die Konsequenzen von nicht umweltgerechtem Verhalten kennen, um sich umweltbewusst zu verhalten. Hier können neben dem Elternhaus Kindergärten, Schulen und außerschulische Institutionen für Bildung sorgen. Außerfamiliäre Institutionen wie zum Beispiel Kindergärten sind jedoch nicht in der Lage, die Umweltbildung zu erbringen, wie es das Elternhaus vermag (Schuhmann-Hengsteler et al., 1996, S. 325). Natürlich kann das Modelllernen nicht der einzige Schritt sein, der zum Umweltbewusst-sein beiträgt. Interessant ist hierbei der Blick auf die Schulen. In Deutschland werden seit den 1970er Jahren auch im schulischen Bereich ökologische Probleme behandelt. Bis in die Neunziger Jahre gab es zwei Hauptströmungen: Die Ökopädagogik und die Umwelterziehung. Die Ökopädagogik hat den Bruch mit den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen zum Ziel. Die AdressatInnen dieser Pädagogik sollten als Individuen befähigt werden, gestaltend in die Gesellschaft einzugreifen, indem sie der Ökologie einen höheren Stellenwert beimessen. Die Umwelterziehung soll durch individuelle Lernprozesse dazu beitragen, dass sich die Situation durch das Handeln verändert und im besten Fall ökologisch sinnvoll ist. In den 1990er Jahren haben sich beide Strömungen einander angenähert und sind nun unter dem Begriff der Umweltbildung zusammengefasst. Die Umweltbildung soll die Ursachen von globalen ökologischen Problemen erkennbar machen und die Individuen zur gesellschaftlichen Mitbestimmung befähigen (Marchand, 2015, S.126). Bezogen auf das Verhalten zur Vermeidung von Verpackungsmüll beim Onlineeinkauf ist es auch über die Modellfunktion der Erwachsenen hinaus wichtig, über die Belastung der Umwelt in Schulen zu informieren. Durch das Schaffen von Wissen wird das Individuum befähigt, sich bewusst für ein Verhalten zu entscheiden.

3 Fazit und Ausblick

Was können also Gesellschaft, Wirtschaft und Politik unternehmen, um dem Anstieg des Verpackungsmülls durch Online-Bestellungen entgegenzuwirken? Hierzu werden nun viele unterschiedliche Lösungsansätze beleuchtet, die die Resultate der interdisziplinären Zusammenarbeit sind und eine Auswahl an möglichen Strategien darstellen.

3.1 Gesellschaft

Chance des Willens zur Verhaltensänderung: Immer wieder bewusst machen, dass der technologische Fortschritt Umweltdegeneration nicht verhindern kann, sondern dass jede/r Einzelne sein Verhalten ändern muss.

3.2 Wirtschaft

  • Chance der steigenden Nachfrage nach umweltbewussten Produkten: Den KundInnen das geben, was sie wollen und durch Imageverbesserung den Umsatz zu steigern (Casey, 1992, S. 18)
  • Chance Verpackung: Durch den Online-Handel verliert die Verpackung von Produkten ihre ursprüngliche Marketing-Funktion. Wenn die Verpackung nur noch die Funktion des Transports erfüllen muss, sind folgende kostensparende und gleichzeitig umweltbewusstere Maßnahmen möglich (Sarksis et al., 2004, S. 307 f.):
    1. Verpackungen genauer dem Produkt anpassen. Die Illusion, das Produkt durch eine größere Verpackung wertiger erscheinen zu lassen, ist nicht mehr notwendig. Dadurch wird Material gespart (umweltbewusst) und es entstehen weniger Kosten (gewinnmaximierender Aspekt).
    2. Verpackungen nicht mehr so stark bedrucken und/oder einfärben.
    3. Verpackungen aus recycelbaren/recyceltem Material herstellen. Denn: Die Ästhetik ist nicht mehr so wichtig. Stattdessen kann die Chance genutzt werden, das Image eines umweltbewussten Unternehmens aufzubauen.
    4. Verpackungen, die nur noch auf die Transportfunktion ausgerichtet sind, können so konzipiert werden, dass das Stapeln und Lagern der Produkte möglichst effektiv und effizient erfolgt. Dadurch können weitere Kosten gespart werden.
  • Chance eines Zusammenschlusses auf vertikaler Ebene: Wenn sich ein produzierendes Unternehmen mit einem Lieferdienst zusammenschließt, können Verbundvorteile genutzt werden (Markiw & Taylor, 2008, S.229 ff.). Des Weiteren besteht bei regelmäßiger Lieferung die Chance, Kartons bei KäuferInnen direkt wieder abzuholen (Sarkis, 2004, S. 308).

    3.3 Politik

  • Chance des Willens zur Verhaltensänderung: Ökologisches Handeln von Wirtschaft und Gesellschaft fördern,

    1. zum Beispiel durch Subventionen von ökologischem Versand
    2. durch Aufklärungskampagnen zu ökologischen Zusammenhängen im Online-Handel (z.B. ein Video zu den Folgen von Verpackungsmüll produzieren und kurz vor dem Online-Kauf abspielen)
  • Chance Bildung: Vermittlung von Wissen (über ökologische Konsequenzen z.B. von Online-Handel) und praktischen Verhaltensweisen im Kindergarten und in der Schule (z.B. Recycling-Tag) unter besonderer Beachtung des Modelllernens.

Literatur

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